Saarbrücken im Saarland

Zur Geschichte der Landeshauptstadt Saarbrücken

Gedenktafel zum Besuch Goethes in Saarbrücken[Bild: Wikipedia-Nutzer Hugo [public domain]]

„Wir gelangten über Saargemünd nach Saarbrücken, und diese kleine Residenz war ein lichter Punkt in einem so felsig-waldigen Lande. Die Stadt, klein und hügelig, aber durch den letzten Fürsten wohl ausgeziert, macht sogleich einen angenehmen Eindruck“.

Mit diesen Worten beschrieb der Dichter Johann Wolfgang von Goethe in seinem autobiographischen Werk „Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit“ die damalige Stadt Saarbrücken bei einem seiner Besuche im Jahr 1770. Ein ähnlich positives Bild gibt der Bericht für das geschichtliche und statistische Jahrbuch des Generalsekretärs der Präfektur Trier von Louis Zégowitz:

Saarbrücken ist, was die Bevölkerung angeht, welche aus 5000 Seelen besteht, die zweite Stadt im Departement und die erste im Bezug auf den Handel, welcher vor dem Kriege sehr lebhaft war, sowohl im Bezug auf ihre günstige Lage an dem schiffbaren Fluß, welche sie zur Mittelstraße des Handels zwischen Belgien und Holland mit der Schweiz und Italien macht, als auch durch Ermunterung und Geldvorschüsse, welche ihr der vorletzte Fürst Wilhelm-Heinrich angedeihen ließ.“

Dieses Bild der Landeshauptstadt des Saarlandes scheint sich allerdings in den letzten Jahren vehement geändert zu haben. Gemäß einer Anfang des Jahres 2014 durchgeführten Image-Umfrage unter 18- bis 40-jährigen Saarländern und Bundesbürgern wird das kleine Bundesland, welches auf eine sehr abwechslungsreiche Geschichte zurückblicken kann, von 53% der Befragten als „gesichts- und profillos“ eingestuft.

Saarbrücken ist heute mit etwa 178.000 Einwohnern die Landeshauptstadt und auch die einzige Großstadt des Bundeslandes Saarland.

0.1.Die Anfänge der Besiedlung des Saartals

Die ersten vorgeschichtlichen Zeugnisse des Mittelpleistozäns (etwa um 600.000 v.Chr.) wurden 1926 durch Steinbrecher bei Spichern in einer Höhle unter eingeschwemmtem Lehm gefunden. Es handelte sich um Holzkohle und Überreste des Merckschen Nashorns. Unter der heutigen Mainzer Straße stieß man darüber hinaus auf einen Backenzahn eines Mammuts, die wie weitere Funde nachweisen können, verbreitet waren in dieser Gegend. Nur wenige Kilometer von Saarbrücken entfernt, konnte man auf der Warndthochfläche oberhalb Ludweilers einen gut erhaltenen Faustkeil des zweiten Interglazials (Warmzeit innerhalb einer Eiszeit, etwa um 300.000 v.Chr.) bergen. Aus Saarbrücken selbst existieren Spuren von Menschen der mittleren Steinzeit um 15.000 v.Chr. So konnte auf dem heutigen Sonnenberg bei St. Arnual ein Werkplatz von Feuersteinschlägern bestimmt werden. Im folgenden Neolithikum (Jungsteinzeit, etwa 11.200 bis 2000 v.Chr.) und der sich anschließenden Bronze- und Eisenzeit häufen sich die Funde der menschlichen Hinterlassenschaften.

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0.2.Saarbrücken in vorchristlicher und römischer Zeit (500 v.Chr. - 500 n.Chr.)

Die Geschichte Saarbrückens ist in vorchristlicher Zeit aufgrund von unzureichendem Fundmaterial schwer zu bestimmen. Der bedeutendste Fund stellt wohl die Fliehburg auf dem heutigen Sonnenberg dar. Ansonsten konnte bisher lediglich eine Goldmünze aus der La-Tène-Kultur („keltische“ Epoche vom 5. bis zum 1. Jahrhundert v.Chr.) gefunden werden. Mit den gallischen Eroberungen durch Gaius Julius Caesar im 1. Jahrhundert v.Chr. erfuhr das gesamte Saargebiet einen deutlichen Wandel: zwar sind keine schriftlichen antiken Quellen, die eine Beschreibung des alten Saarbrückens beinhalten, überliefert, aber bei Caesars de bello Gallico erwähnt jener den Stamm der Mediomatriker, die den Raum um Saarbrücken besiedelt hatten. Nach der Eroberung Galliens und dem Vordringen der Römer standen diese - und somit auch das Saargebiet - fortan unter römischer Herrschaft. An der rheinwärts gerichteten alten Völkerstraße an der Saar konnten durch Grabungen in den 1950er erstmals römische Strukturen nachgewiesen werden. Man entdeckte am Fuß des Halbergs Spuren mehrerer Häuserstrukturen aus römischer Zeit, die in Form und Anordnung auf eine Siedlung (lat. vicus) hinwiesen. An den vicus schlossen sich im weiteren Saartal viele Einzelsiedlungen an. Neben den Wohn- und Werkbauten legten die Römer die erste Brücke über die Saar an. Auf der anderen Seite der Saar entstand in der gleichen Zeit eine gallo-römische Siedlung.

[Bild: Phrontis, [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons]
[Bild: Anna16, [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons]

In das Jahr 200 n.Chr. lässt sich vermutlich das erste schriftliche Zeugnis der Siedlung in Saarbrücken datieren: auf einem Meilenstein im Donon (dort liegt die Quelle des Flusses Saar und ein vorchristliches Heiligtum) fand man die Inschrift „vicus saravus“. Im Verlauf des 3. Jahrhunderts n.Chr. bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts n.Chr. kommt es durch Einfälle der Germanen und Alamannen zur Zerstörung der römischen Siedlung. Daraufhin errichteten die Römer um 369 n.Chr. zur zukünftigen Sicherung der Siedlung und des Flussüberganges ein Kastell und ein Mithräum (Tempel des Mithras-Kultes). Allerdings ging die römische Besiedlung Ende des 4. Jahrhunderts n.Chr. zugrunde. Der letzte römische Münzfund datiert aus dem Jahr 395 n.Chr.

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0.3.Vom Frühmittelalter bis zur ersten Erwähnung des "castellum Sarabrucca" 999 (5. Jh.n.Chr. - 10. Jh.)

„Wer von der Siedlungsforschung aus an die merowingische Zeit herantritt, kann den gewaltigen Abstand gegenüber dem halben Jahrtausend der römischen Herrschaft mit Händen greifen; er fühlt sich gewissermaßen in ‚prähistorische Zeiten‘ zurückversetzt.“ [Anm. 1]. Diese Worte beschreiben den Vorgang, der nach dem Untergang des weströmischen Reiches im heutigen Saargebiet eintrat. Insgesamt gab es in der nachrömischen Zeit durch das Hereinbrechen der germanischen Kultur einen Bruch in der Besiedlungskontinuität an der Saar. Da die germanische Kultur keine städtische Siedlungsweise kannte, wurden viele gallo-römische Siedlungen entweder zerstört oder dem Verfall preisgegeben. Erst ab dem 7. Jahrhundert, nachdem die fränkischen Könige das ehemals römische Gebiet für sich beanspruchten, lassen sich wieder Siedlungen und Einzelgehöfte durch Urkunden und Funde nachweisen. Die römischen Güter wandelten sie in fränkische Königshöfe um und ein solcher existierte auch in Saarbrücken (villa Sarabrucca). In der Folgezeit war das Saargebiet unter dem Einfluss der Metzer Bischöfe. So hat sich der Legende nach die spätere Siedlung St. Arnual gegründet. Der Metzer Bischof Arnuald oder Arnual soll sein Amt 608 oder 609 niedergelegt und vom Merowingerkönig Theudebert II. den an der Saar gelegenen Hof Merkingen zugesprochen bekommen haben. Dort ließ er der Sage nach eine Kirche bauen, die ihm nach seinem Tode als Ruhestätte gedient haben soll. Nach seinem Tode soll sein Name auf die Kirche und auf die Siedlung übergegangen sein. Die restliche Merowinger- und die anschließende Karolingerzeit sind nur äußerst spärlich überliefert.

Die Burg in Saarbrücken ist urkundlich seit dem Jahr 999 überliefert. In diesem Jahr hat der ottonische Kaiser Otto III. dem Metzer Bischof Adalbero II. das „castellum Sarabrucca“ zum Geschenk gemacht, da dieser sich bei ihm beklagt hatte, „daß sein Bistum von dem kaiserlichen Castel Sarabrucca viele Bedrückungen zu erdulden habe […]“ [Anm. 2]

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0.4.Das Hochmittelalter (10. Jh. - 13. Jh.)

Nach den germanischen und karolingischen Epochen kam es im europäischen Raum zu einem neuen Selbstverständnis der Menschen und man begann erneut eine breite Stadtkultur auszubilden. Das Aufkommen des Handwerkertums und der wirtschaftliche Aufschwung hatte zur Folge, dass sich die Handwerker und v.a. die Kaufmänner in neuen Gemeinden zusammenschlossen. Diese Gemeinden strebten zunehmend nach wirtschaftlicher und rechtlicher Unabhängigkeit von den herrschenden Landesfürsten.

Als der ottonische Kaiser Otto III. im Jahr 999 dem Metzer Bischof Adalbero II. die Burg in Saarbrücken überließ, wurde der Grundstein für die spätere Schleifung der Burg Saarbrücken gelegt. Nach dem plötzlichen Tod Kaiser Ottos III. kam die Kaiserwürde an Heinrich II., der sich alsbald in einer Fehde mit den Bischöfen von Metz befand. Auf seinem Zug gegen Metz belagerte und eroberte Kaiser Heinrich II. im Jahr 1009 die Burg in Saarbrücken. Erst im Jahr 1046 kam die Burg erneut in Besitz der Metzer Bischöfe, nachdem Kaiser Heinrich III. auf Drängen seiner Gemahlin Agnes, den Bischöfen die Burg und den Königshof Saarbrücken zurückerstattet hatte. Bestätigt wurde diese Schenkung außerdem in einer von Kaiser Heinrich IV. ausgestellten Urkunde von 1065, gemäß welcher er der bischöflichen Kirche zu Metz die im Saargau gelegene Burg Saarbrücken schenkte. Somit war im Jahr 1065 der ursprüngliche Zustand von 999 wieder hergestellt und die Bischöfe von Metz erneute Besitzer der Burg Saarbrücken.

Gegen Ende des 11. Jahrhunderts treten schließlich zum ersten Mal die Grafen des Saargaus in Erscheinung: im Jahr 1080 erhielt der Graf Sigebert als Zeichen seiner Treue gegenüber dem Kaiser Heinrich IV. den Königshof Wadgassen. Bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 1110 wurde der Sohn des Grafen Sigebert, Adalbert, der später Erzbischof in Mainz war, als Graf von Saarbrücken bezeichnet.

Als Lehen der Metzer Bischöfe entwickelte sich Saarbrücken im weiteren Verlauf des 12. Jahrhunderts allmählich zu einer größeren Siedlung. Die Folge war die Bildung der Vorstadt (lat. suburbium) auf dem Gebiet des ehemaligen Könighofes unterhalb der Burg. Als es im Jahr 1168 zwischen dem Grafen Simon I. von Saarbrücken und dem Kaiser Friedrich I. Barbarossa zu einer Fehde kam, wurde die Burg auf Anlass von Friedrich I. Barbarossa symbolisch geschleift. [Anm. 3] Insgesamt fand im 12. und in den Anfängen des 13. Jahrhunderts eine Territorialisierung im Saarbrücker Raum statt und die Stadt begann allmählich zu wachsen.

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0.5.Das Spätmittelalter bis zum Beginn der Neuzeit (13. Jh. - 16. Jh.)

Als im Jahr 1274 die seit etwa 200 Jahren regierenden Grafen von Saarbrücken ausstarben, trat eine mehr an Frankreich orientierte Familie die Herrschaft an: die Grafen von Commercy. Der dritte Graf  der neuen Familie, Graf Johann I., sprach 1316 das erste Mal formell von der „stat zu Sarbrucken“. Im folgenden Jahr 1321 (oder 1322) bekamen die Siedlungen Saarbrücken und St. Johann durch den Grafen von Saarbrücken-Commercy das Stadtrecht und den Freiheitsbrief, sowie eine neue Verfassung. Allerdings verweilte die Grafenfamilie nicht lange an der Regentschaft über die Grafschaft Saarbrücken, da im Jahr 1381 der letzte männliche Erbe ausstarb. Nachdem die letzte Tochter, die zugleich auch Erbin gewesen war, den Grafen Johann I. von Nassau-Weilburg geheiratet hatte, fiel Saarbrücken an den aus der Ehe hervorgegangen Sohn Philipp, der schließlich ab 1381 als Graf Philipp I. über Saarbrücken regierte. 1444 wurde die gesamte Herrschaft Commercy durch Graf Johann III. an Lothringen verkauft und man orientierte sich wieder verstärkt zum deutschen Reichsgebiet hin. In den Folgejahren kam es zu immensen Zuwanderungen, sodass die Stadt in nördliche Richtung ausgebaut werden musste. Die ersten Jahre der Reformation blieben in Saarbrücken fast unbemerkt und die Reformation hielt erst Jahre später Einzug. Man schrieb bereits das Jahr 1549 als in Saarbrücken die erste selbstständige protestantische Kirchengemeinde entstand.

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0.6.Die Reformation und die "Provence de la Sarre" (16. Jh. - 18. Jh.)

Nachdem Martin Luther 1517 seine 95 Thesen auf die Tür der Kirche in Wittenberg geschlagen hatte, begann im europäischen Raum die Reformation der Kirche. In Saarbrücken war der Beginn der Reformation aber nahezu unbemerkt vorbeigegangen, da die amtierenden Fürsten keinen konkreten Grund sahen, ihre Konfession zu wechseln. Dass auf dem Augsburger Religionsfrieden 1555 der Grundsatz durchgesetzt wurde, dass die Religion des Landesherren ausschlaggebend für die Religion der Untertanen sei, bestärkte die Fürsten in ihrer katholischen Konfession. Erst nach dem Tod des letzten katholischen Fürsten, Graf Johann IV., der zudem kein Erbe hinterließ, erfuhr das bis dato katholische Saarbrücken durch das nun regierende Haus Nassau-Weilburg einen tiefgehenden Wandel, als dieses - wenn auch etwas verspätet - im Jahr 1574 die Reformation in der Grafschaft einführte.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde auf Befehl Graf Ludwigs die bis dahin auf dem Saarfelsen stehende mittelalterliche Burg zu Saarbrücken durch ein Renaissanceschloss ersetzt. Für kurze Zeit erlebte Saarbrücken eine wirtschaftliche Hochphase, die jedoch durch den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1618 jäh unterbrochen wurde. Im Laufe des Krieges erfolgten großflächige Zerstörungen im gesamten Saargebiet. Dieser Krieg und die dadurch verursachte Pestepidemie hatten zur Folge, dass die Bevölkerungszahl innerhalb weniger Jahre deutlich abnahm. [Anm. 4] Als man sich nach dem Dreißigjährigen Krieg von den Zerstörungen erholte, wurde die Stadt bereits wieder im Rahmen des „Holländischen Krieges“ durch einen verheerenden Brand nahezu komplett verwüstet. Nur wenige Häuser blieben unversehrt. In den Jahren 1680 bis 1697 war Saarbrücken unter französische Besatzung und unter dem „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. wurde die Grafschaft Saarbrücken zur „Provence de la Sarre“. Der dem Holländischen Krieg folgende „Pfälzische Erbfolgekrieg“ wurde im Jahr 1697 mit dem Frieden von Rijswijk beendet, durch den die Grafschaft Saarbrücken wieder an das Heilige Römische Reich zurückgegeben wurde.

In den Folgejahren kam es in Saarbrücken unter der Führung der neuen Usingischen Linie des Hauses Nassau-Saarbrückens zu einem erneuten wirtschaftlichen Aufschwung.

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0.7.Aufschwung der Stadt (18. Jh.)

Nachdem die Usingische Linie, die aus der Teilung des Hauses Nassau-Saarbrücken hervorgegangen war, die Führung in der Grafschaft Saarbrücken übernommen hatte, verbesserte sich die finanzielle und wirtschaftliche Lage zunehmend. Stellvertretend für diesen neuen Aufschwung steht der nassauische Baudirektor Friedrich Joachim Stengel, der unter Fürst Wilhelm Heinrich in Saarbrücken sein Lebenswerk fand. So ließ er u.a. das Saarbrücker Schloss in neuem barockem Glanz erstrahlen und errichtete mehrere Kirchen, darunter das heutige Wahrzeichen Saarbrückens, die Ludwigskirche. Das 18. Jahrhundert unter dem einzigen Fürsten des Grafengeschlechts, Wilhelm Heinrich, war folglich eine Blützezeit der Wirtschaft, des Handels, des Bergbaus und der Eisenverhüttung. Bereits zu jener Zeit wurde in der Region die Industrialisierung eingeführt und eine große Zahl von neuen Kohlengruben, Eisenhütten und Glashütten errichtet.

Charakteristisch für das florierende Saarbrücken sind die Gründungen der sogenannten „Kranengesellschaft“ durch Saarbrücker Kaufleute und die Handelsniederlassung von holländischen Kaufleuten an der Saar.

Auf das prosperierende 18. Jahrhundert folgte mit der Französischen Revolution und Napoléon Bonaparte abermals ein Zeitabschnitt unter französischer Besatzung.

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0.8.Saarbrücken seit der Französischen Revolution bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (18. Jh. - 19. Jh.)

Als die Gewalt während der Französischen Revolution eskalierte und auch das Deutsche Reich beeinflusste, wurde Saarbrücken durch die Auswirkungen der Revolution stark getroffen. So brannten große Teile Saarbrückens und St. Arnuals ab und auch das Schloss wurde bis auf die Grundmauern zerstört. Diese Ereignisse bekam das Haus Nassau-Saarbrücken allerdings nicht mehr mit, da mit dem Erbprinzen Heinrich der letzte lebende Nachfahre des Hauses starb.

In den folgenden Koalitionskriegen zwischen Frankreich und den europäischen Mächten, konnte sich Frankreich, das sich seit 1799 unter der Herrschaft von Napoléon Bonapartes befand, durchsetzen und wurde durch die europäischen Länder als Großmacht anerkannt. Durch die Friedensschlüsse zu Basel und Campo Formio wurde daraufhin das gesamte Saargebiet vom Deutschen Reich abgetrennt und zum „Département de la Sarre“ erklärt. Ende des 18. Jahrhunderts führte man schließlich in Saarbrücken die neue französische Verfassung ein, die das bisher seit 1321 geltende Recht ablöste. Wie alle linksrheinischen Gebiete wurde auch das saarländische Gebiet 1801 im Vertrag von Lunéville von Frankreich annektiert und blieb bis zum Wiener Kongress unter französischer Herrschaft. Als Napoléon Bonaparte im gleichen Jahr durch die Saarstädte als Erster Konsul bestätigt wurde, vollzog sich ein großer Wandel in der Saarpolitik Frankreichs. Napoléon führte zum einen die „Organischen Gesetze“ zur Regelung der kirchlichen Verhältnisse im Rheinland und im Saarland, und zum anderen den „Code Civil“ als neues Zivilrecht ein. Auszugsweise sind diese Neuerungen bis in die Moderne gültig geblieben. Neben diesen politischen Verbesserungen hatte die sogenannte „Franzosenzeit“ durchaus auch wirtschaftliche Vorteile für Saarbrücken: durch die vielen Feldzüge Napoléons herrschte für die saarländische Industrie Hochkonjunktur.

Saarbrücker Bahnhof 1862[Bild: gemeinfrei]

Nach dem Ende des napoleonischen Empire mit der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 und seiner ersten Verbannung auf die Insel Elba ein Jahr darauf, beschloss man auf dem ersten Pariser Frieden, dass das Saargebiet gegen die Hoffnung der Bevölkerung, ein Teil Frankreichs bleiben sollte. Erst mit dem zweiten Pariser Frieden und dem Wiener Kongress 1815 war man der Meinung, dass das Saargebiet wieder an das Deutsche Reich angegliedert und Saarbrücken eine preußische Kreisstadt werden sollte. Dies erfolgte und führte in den folgenden Jahren zu einer florierenden Wirtschaft und zu einer Blütezeit der Stadt und der bereits Ende des 18. Jahrhunderts begonnene Prozess der Industrialisierung wurde weiter vorangetrieben. Man eröffnete den ersten Saarbrücker Bahnhof und kanalisierte die Saar, um Saarbrücken an das überregionale Handels- und Verkehrsnetz anzuschließen.

Im Deutsch-Französischen Krieg 1870 und 1871 fand bei Saarbrücken die Schlacht bei Spichern statt, nachdem französische Soldaten in die Stadt gezogen waren. Ohne Absicht seitens der preußischen Heeresleitung folgte am 06. August 1870 im Raum um Spichern die Schlacht zwischen Preußen und Frankreich, die letztendlich siegreich für die Preußen ausging. Nach dem Sieg der Deutschen im Deutsch-Französischen Krieg 1871 erlebte Saarbrücken eine neue Prosperität und einen regen Bauboom. So entstanden eine neue Poststelle, die Bergwerksdirektion, neue Schulgebäude, neue Fabriken, eine neue Kirche und das neue Rathaus in St. Johann.

Diese positiven Entwicklungen ebneten den verschiedenen Siedlungen im heutigen Saarbrücker Raum den Weg zur Großstadt.

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0.9.Der Weg zur Großstadt (1896 - 1909)

Bereits im Jahr 1896 kamen die Städte Saarbrücken und St. Arnual zum dem gemeinsamen Schluss, dass es für beide sinnvoller wäre, sich zu einer Stadt zusammenzuschließen. Die enorme Prosperität der Stadt hatte einen immensen Bevölkerungszuwachs zur Folge. Die drei nebeneinander existierenden Städte Saarbrücken (als Wohn- und Beamtenstadt), St. Johann (als Geschäftsstadt) und Malstatt-Burbach (als Industriestadt) teilten sich seit langer Zeit gemeinsame Institutionen wie Schulen, Theater oder die Eisenbahn. Bei einer Stadtverordnetenversammlung 1905 wurde die Idee der Vereinigung der Städte schließlich ins Rollen gebracht. Es wurde diskutiert, ob es nicht für alle drei Städte klüger und wirtschaftlich effizienter wäre, sich zusammenzuschließen, um im überregionalen Handel konkurrenzfähig zu bleiben, da die einzelnen Städte diesbezüglich keine Hoffnung hatten. Aus diesen Gründen wurde am 17. November 1908 der Vertragsentwurf von Vertretern der Städte unterzeichnet und trat am 01. April 1909 in Kraft. Man begann in eine blühende Zukunft zu blicken, wobei dieses Zukunftsbild 1914 durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs bereits zerschlagen wurde.

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0.10.Die Weltkriege (1914 - 1945)

Der anfänglichen Befürwortung eines Krieges folgte in Saarbrücken rasch die Ernüchterung. Denn die stetige Präsenz von durchmarschierenden Truppen sowie die Nähe zum sogenannten „Erbfeind“ Frankreich trübten alsbald jede euphorische und optimistische Betrachtung des Krieges. Das gesamte Gebiet wandelte sich in ein Auf- und Durchmarschgebiet deutscher Truppen, die zur Westfront zogen. Zur Unterstützung des Heeres wurde ein Großteil aller jungen und älteren Männer zum Waffendienst eingezogen, sodass die zurückgebliebenen Frauen die teils schweren Arbeiten der nun fehlenden Männer in den Betrieben übernehmen mussten. Hinzu kam, dass sämtliche Lebensmittel und Kohle durch das Militär eingezogen und nach und nach stärker rationiert wurden. Die Folge waren wirtschaftliche Probleme und eine zunehmende Hungersnot innerhalb der Saarbrücker Bevölkerung. Neben diesen Erschwernissen im alltäglichen Leben erlebten die Bewohner der Stadt am 09. August 1915 den ersten großen Luftangriff auf Saarbrücken. Die Bombardierung der Stadt [Anm. 5] und die eben erwähnte Hungersnot hatten ferner zur Folge, dass eine schwere Grippeepidemie ausbrach, die vielen Bewohnern das Leben kostete.

Als schließlich der Friedensvertrag in Compiègne am 11. August 1918 unterzeichnet wurde, war Saarbrücken zwar einerseits großflächig zerstört, andererseits waren die Verluste an Menschenleben vergleichsweise gering (siehe Anmerkung oben). Die von der Front zurückmarschierenden Soldaten wurden von der Bevölkerung herzlich aufgenommen und mit den wenigen restlichen Lebensmitteln versorgt. Dem lediglich durchmarschierenden deutschen Heer folgte das französische Heer, welches Saarbrücken bis zur Unterzeichnung des Versailler Vertrags fortan besetzt hielt. Mit dem Versailler Vertrag brach ein neuer Abschnitt der Stadtgeschichte an. Die Stadt wurde erstmals unter die Verwaltung des Völkerbundes gestellt und sollte dort für 15 Jahre verbleiben. Diese Zeit war nichtsdestotrotz stark französisch geprägt. Das belegt zum Beispiel die Tatsache, dass 1923 der französische Franken als offizielle Währung im Saarland eingeführt wurde. Nach Ablauf der 15 Jahre wurde in Saarbrücken eine Volksabstimmung über den zukünftigen Status der Saar durchgeführt, bei der 90,8% für den Anschluss an Deutschland und damit auch indirekt für den Nationalsozialismus stimmten. 

Als Beweis und als Dank für die „Treue des Saarvolkes“ ließ Adolf Hitler von 1935 bis 1938 das heutige saarländische Staatstheater errichten. In den verbliebenen vier Jahren bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam es in Saarbrücken, wie in allen anderen deutschen Städten, zu einer Verdrängung und Liquidierung der sozialen Kräfte und der Juden. Letzteren wurden in Saarbrücken sämtliche Gotteshäuser und Friedhöfe in Brand gesetzt und alle Geschäfte „arisiert“.

Während des Zweiten Weltkrieges hatte Saarbrücken außerdem unter mehreren schweren Bombenangriffen zu leiden und verlor fast 70% der Industrie- und Wohnanlagen. Nach dem Krieg waren es diesmal die Amerikaner, die in Saarbrücken einmarschierten. Das stark verwüstete Saarbrücken zählte zu jenem Zeitpunkt nur noch etwa 7000 Einwohner (im Vergleich: vor dem Krieg waren es etwa 130.000). Gemäß den Friedensbestimmungen übernahm Frankreich ab dem 10. Juli 1945 die Führung. Am 22. Dezember 1946 wurde das Saargebiet offiziell vom ehemaligen Deutschen Reich abgetrennt.

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0.11.Saarbrücken in der Nachkriegszeit bis heute (1945 - heute)

Nach der Lösung Saarbrückens vom ehemaligen Deutschen Reich gab es 1947 Wahlen zur gesetzgebenden Versammlung. Bei diesen französisch dominierten Wahlen wurde der Wirtschaftsanschluss des neu gegründeten Saarstaates an Frankreich und die Abkopplung von Deutschland durchgesetzt. Dieser Status blieb bis 1954 aufrecht erhalten. 1954 unterzeichneten die Siegermächte das sogenannte „zweite Saarstatut“ als Teil der Pariser Verträge über eine Europäisierung des Saarlandes. Im Oktober 1955 folgte eine erneute Volksabstimmung über dieses zweite Saarstatut, welches aber mit etwa 67,7% abgelehnt wurde. Stattdessen stimmte man für eine Rückgliederung und Rückführung zur neuen Bundesrepublik Deutschland. Dieser Schritt erfolgte offiziell zum 01. Januar 1957. Seit diesem Tag ist das Saarland Teil der Bundesrepublik und eins der sogenannten „alten“ Bundesländer. Im Jahr 1974 wurde im Saarland eine Gebiets- und Verwaltungsreform durchgesetzt. Durch diese Maßnahme und die Eingemeindung der umliegenden Städte und Dörfer ist die Bevölkerungszahl Saarbrückens nahezu verdoppelt worden.

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Verfasser: Thomas Belculfine

Erstellungsdatum: 02.04.2014

 

Literatur:

 

Ried, Hans: Die Siedlungs- und Funktionsentwicklung der Stadt Saarbrücken. Saarbrücken 1958.

 

Festschrift zur 650jahrigen Verleihung des Freiheitsbriefes an Saarbrücken und St. Johann. Hrsg. v. Herrmann, Hans-Walter, Klein, Hanns. Saarbrücken 1971. (Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend Jahrg. 1971).

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Anmerkungen:

  1. Siehe dazu: Steinhausen, Josef: Archäologische Siedlungskunde des Trierer Landes. Trier 1936. S. 35  Zurück
  2. Siehe dazu: Ried, Hans: Die Siedlungs- und Funktionsentwicklung der Stadt Saarbrücken. Saarbrücken 1958. Siehe auch: Regest der Urkunde.  Zurück
  3. Im Mittelalter war es Brauch, im Zuge einer Belagerung als Zeichen der Aufgabe des Burgherren eine Burg symbolisch zu zerstören, indem aus der Mauer o.ä. wenige Steine herausgebrochen wurden  Zurück
  4. Die Bevölkerungszahl von 1628 beläuft sich auf 2732. 1635 zählte man nur noch 450. Siehe dazu: Ried, Hans: Die Siedlungs- und Funktionsentwicklung der Stadt Saarbrücken. Saarbrücken 1958. S. 83  Zurück
  5. Zwischen 1914 und 1918 wurden insgesamt über 100 Bomben auf Saarbrücken geworfen, durch welche 63 Menschen starben. Siehe dazu: Kloevekorn, Fritz: Werden, Vergehen, Wiederauferstehen einer deutschen Grenzstadt. Saarbrücken 1960. S. 194.  Zurück