Herschbach im Westerwald

0.Zur Geschichte von Herschbach

St. Anna[Bild: el tommo CC0]

Wann die Siedlung Herschbach gegründet wurde, ist nicht sicher zu sagen. Ältester Belege einer Besiedlung der Gegend, in der später der Ort Herschbach entstehen sollte, sind ein schnurverzierter Becher und ein Steinbeil, die beide in die Jungsteinzeit (ca. 5000 bis 1500 v. Chr.) datiert werden. Der Ort selbst wird wie andere -bach-Orte im Westerwald vor dem Jahr 1000 n. Chr. entstanden sein.[Anm. 1]

Herschbach lag im Bereich einer Ost-Westverbindung, der Eisenstraße, die über Sessenhausen, ostwärts Marienrachdorf nach Herschbach verlief und über Schenkelberg an die Köln-Frankfurter Straße anschloss. Eine spätere Straße führte von Montabaur über Wirges, Selters nach Herschbach und weiter nach Höchstenbach und Hachenburg.[Anm. 2]

Erstmals erwähnt wird Herschbach im Jahr 1249. Am 19. Februar 1249 beurkundete der Kölner Erzbischof Konrad I. von Hochstaden (1238-1261) im Hof der Gräfin Mechthild von Sayn (1215-1291) zu Köln, dass Heinrich II., Herr von Isenburg-Grenzau (1213-1287), im Namen seiner Ehefrau, seiner Kinder und Geschwister auf seine Güter, Burgen und Hufen zu Nister, zu Hartenfels, Herschbach und Metternich sowie auf die Jurisdiktion in Leubsdorf und Dattenberg zugunsten der Gräfin verzichtet. Mechthild zahlte ihm dafür 200 kölnische Mark.[Anm. 3]

Gräfin Mechthild besaß Herschbach nicht allein. Auch die Herren von Isenburg-Braunsberg und die Herren von Eppstein verfügten im Zusammenhang mit ihrem wiedischen Erbe über Anteile und Rechte im Ort.[Anm. 4]

Spätestens nach dem Tod des Grafen Heinrich III. von Sayn († 1274), noch zu Lebzeiten der Witwe Mechthild († 1291) gelangten die Herren von Isenburg in den Besitz von Herschbach. Der Ort fiel mit der Grundherrschaft Marienrachdorf an Eberhard von Isenburg-Grenzau (1263-1291).[Anm. 5] Bereits 1267 belehnte Eberhard den Konrad Winter von Herschbach mit Gefällen zu Hausen, dem heutigen Trierischhausen.[Anm. 6]

Der Name des Ortes wandelte sich im Laufe der Jahrhunderte: »Haderichesbach« (1062), »Herispag« (1249), «Herincsbach« (1267), »Herisbach« (1281), »Heirisbach« und »Herisbach« (um 1300), »Herinspach« (1344 und 1346), »Hergyszbach« (1348), »Herispach« (1369), »Hergisbach« (1395), »Niederherszbach« (1536), »Hersbach« (1661) und schließlich »Herschbach« (1663).

0.1.Herschbach wird Stadt (1343)

Burg Isenburg[Bild: Wolkenkratzer]

Nach der Teilung der Herrschaft Grenzau zwischen 1304-1310 fiel Herschbach an die Arenfelser Linie. Dietrich von Arenfels, Herr zu Isenburg (1299-1333) war es wohl, der zur Sicherung dieser Erwerbung die 1320 erstmals genannte Burg Herschbach errichtete.[Anm. 7] Herschbach wurde Mittelpunkt einer kleinen Isenburger Herrschaft, zu der das Gericht Herschbach und die Hälfte des vom Erzstift Trier lehnsrührigen Kirchspiels Marienrachdorf gehörten.

Dietrichs Sohn Gerlach Herr von Isenburg (1319-1371) erwirkte kurz vor 1343 für Herschbach bei König Ludwig der Bayer (1314-1347) Stadtrechte,[Anm. 8] die aber nie zur vollen Entfaltung kommen sollten.

Im Jahr 1343 überließ Gerlach Herr zu Isenburg mit Einwilligung seiner Söhne Dietrich und Johan für 200 Goldschild dem Kölner Erzbischof Walram von Jülich (1332-1349) und dessen Erzstift Eigentum und Herrschaft seiner Stadt Herschbach (opidi nostri Hersbach) neben seiner Burg (castro nostro Hersbach), die schon vorher Lehen der Kölner Kirche war, mit Mauern, Gräben und Befestigungen, Gebäuden und Zubehör. Er empfing den gesamten Besitz für sich und seine Erben als Lehen zurück. Herschbach sollte dem Erzbischof als neuem Eigentümer und dessen Erzstift »offenstehen«, d. h. der Erzbischof und seine Amtleute durften sich aus Herschbach »behelfen«, Burg und Stadt also als herrschaftliche und militärische Basis verwenden.[Anm. 9] Mit dieser Lehnsauftragung wollte Gerlach von Isenburg Herschbach dem Zugriff des Trierer Erzbischofs entziehen.

Herschbach wird 1343 als Stadt (oppidum) bezeichnet, auch 1518 und 1663 wird der Ort als Stadt, 1487/88 als »Steedtgen«, 1494 als »Stettgen« erwähnt. Die Bezeichnung als Städtchen legt alleine schon nahe, dass Herschbach trotz aller Privilegien (Markt) und Befestigungsrechte nie eine richtige Stadt wurde, sondern in seiner Entwicklung auf einer Zwischenstufe zwischen Stadt und Dorf stehen blieb. Bei anderer Gelegenheit wird der Ort des Öfteren (1586, 1587/88, 1635, 1785 und 1795) als »Flecken«, als Siedlung zwischen Dorf und Stadt, bezeichnet.[Anm. 10]

Schon bei der Stadterhebung 1343 war Herschbach mit Mauern, Toren und Gräben befestigt. Zwei Pförtner hüteten 1487 und 1488 die beiden Pforten der Stadt, das Nieder- und das Obertor. 1416 werden Häuser »an der Niederportzen« und 1500 »bynnen der Duffeportzen« sowie 1769 ein Garten »am obersten Thor« genannt.[Anm. 11] Nach dem Stadtbrand von 1518 sollten im Jahr 1519 Mauern, Tore und Pforten erneuert werden. Die Mauern waren im 18. Jahrhundert noch erhalten. Als ein weiterer Großbrand 1795 Herschbach verheerte, wurde die Stadtmauer abgerissen, die Steine als Baumaterial verwendet. Die Stadttore blieben vorerst bestehen. Das Untertor wurde 1817 als Amtsgefängnis genutzt. 1818 hatten Johann Nicolaus Krah das Untertor, Kilian Pfeifer das Obertor gepachtet. Doch auch die Stadttore fielen der Spitzhacke zum Opfer. 1821 wurde das Untertor, 1829 das Obertor niedergelegt.[Anm. 12]

In der Chronik der Stadt Selters wird der Verlauf der Stadtmauer beschrieben: Von der Burg führte die Stadtmauer am Hausweiher entlang. Sie verlief dann weiter, in etwa den Saubach begleitend, bis zur Hauptstraße zum Haus Rieß. Hier stand das Untertor. Von dort führte die Mauer zum Gänsweiherweg zum Haus Reiferscheid/Vohl. Dann verlief die Mauer entlang des Gänsweiherwegs bis hin zur heutigen »Obertor«-Straße. Hier befand sich früher auch der Tränk- oder Froschweiher. An dieser Stelle knickte die Mauer um 90 Grad ab und zog sich dann weiter in Richtung Hauptstraße bis zum ehemaligen Haus Hild. Hier stand das Obertor. Vor der Stadtmauer lag der Stadtgraben. Stellenweise war er 20 bis 30 Meter breit. Der Graben wurde als Fischweiher genutzt.[Anm. 13]

0.2.Eroberung Herschbachs 1371

Engers am Rhein[Bild: Matheus Merian (1646) - gemeinfrei]

Nach dem Tod Gerlachs Herr zu Isenburg-Arenfels († 14.8.1371) kam Herschbach zunächst an seine beiden Schwiegersöhne Graf Wilhelm von Wied (1324-1383) und Salentin V. von Isenburg (1368-1419).

Die Chronik der Stadt Limburg[Anm. 14] und die Chronik der Stadt Mainz[Anm. 15] berichten, dass um den 16. März 1371 niederländische Kaufleute rheinaufwärts zur Frankfurter Messe ziehen wollten. Bei Andernach, im Geleit und Gebiet des Kölner Erzbischofs Friedrich III. von Saarwerden (1370-1414), nahmen Graf Wilhelm von Wied (1324-1383) und Salentin V. von Isenburg (1368-1419) unterhalb Engers einigen Kaufleuten Tuch im Wert von über 4000 Gulden ab. Graf Wilhelm fühlte sich in Köln ungerecht behandelt und hatte deshalb zur Selbsthilfe gegriffen. Die beiden brachten das Raubgut nach Isenburg. Erzbischof Kuno von Trier (1362-1388) zog mit Unterstützung von Bürgern aus Köln und Aachen nach Isenburg und nahm den Räubern die Beute wieder ab. Dann drang er in wiedisches und isenburgisches Gebiet ein und verwüstete Land, Burgen, Städte und Dörfer. Im Zuge dieser Strafaktion eroberte er auch »Hersbach« und die angrenzenden Dörfer und brachte sie in »grossen verderblichen Schaden«. Graf Wilhelm musste am 25. April 1371 bis zur Sühne mit den Kaufleuten Dierdorf, Rückeroth und Rohrburg dem Erzbischof übergeben. Am Rhein nahm Erzbischof Kuno ihm Dorf und Gericht Engers ab und baute dort eine Burg, die »Cuno Stein« genannt wurde. Den Kaufleuten wurde das Geraubte letztendlich zurückgegeben.[Anm. 16]

Salentin V. von Isenburg brachte dann offenbar zwischen 1376 und 1392 Herschbach ganz an sich.[Anm. 17]

0.3.Häufige Verpfändungen

Salentin und seine Nachkommen, die Herren und späteren Grafen von Isenburg-Grenzau haben Burg und Herrschaft Herschbach häufig verpfändet. Pfandherren waren u. a.[Anm. 18]: 1415 die Herren von Kronberg,[Anm. 19] um 1460/1472 die Grafen von Sayn,[Anm. 20] 1470 die Grafen von Katzenelnbogen bzw. 1470, 1471, 1511-1519 das Erzstift Trier,[Anm. 21] zwischen 1479 und 1502 die Landgrafen von Hessen,[Anm. 22] Im Jahr 1491 stellte Graf Eberhard von Sayn-Wittgenstein für Landgraf Wilhelm II. von Hessen (1483-1509) einen Revers über seine Bestallung zum Amtmann in Schloss und Ort Herschbach mit Dörfern, Gerichten und allem Zubehör aus. Herschbach war zu dieser Zeit dem Landgrafen als Pfand überlassen. Graf Eberhard durfte das Schloss und sein Zubehör unberechnet für sich nutzen, nicht aber zugehörige Renten und Gefälle versetzen oder verkaufen. Er musste das Schloss bei seiner Rechtsstellung und allen Gewohnheiten belassen, seine Untersassen nach bestem Vermögen schützen und bei ihrem alten Herkommen, ihren Freiheiten und Gewohnheiten bewahren. Die zugehörigen Teiche und Weiher musste er in »Bau und Besserung« halten, dem Landgrafen jederzeit gegen jedermann beistehen und Landfolge und allgemeine Landsteuer leisten. Das Schloss sollte dem Landgrafen »offen stehen«, sodass er von Herschbach wie seinen anderenn Schlössern, Ämtern, Städten und Gebieten Gebrauch machen konnte. Hintergrund der Amtmannbestallung war gewesen, dass Graf Eberhard dem Landgrafen 2.000 rheinische Gulden geliehen hatte. Sollte Graf Eberhard sein Amt aufgeben, musste der Landgraf zuvor diese Schuld zurückbezahlen. Ein Kündigungswunsch musste ein halbes Jahr zuvor angekündigt werden.[Anm. 23]

Im Zuge der wechselnden Verpfändungen blieb Herschbach stets im Besitz der Herren von Isenburg, die immer wieder über einzelne Güter und Rechte verfügten. So gestattete Gerlach Herr zu Isenburg-Grenzau (1443-1501) im Jahr 1465 dem Johann von Rodheim dem Alten die Bewässerung seiner Wiesen in der Herrschaft Herschbach und verlieh ihm das Recht der Fischerei in dem Weidbach in der Herschaft bis »an den swymborn as dat gebucke und grabe von der loe an dye Widebach gehegt«.[Anm. 24] Johann von Hardert (Hartenrade) bestätigte im Jahr 1543, von Heinrich Herrn zu Isenburg und Grenzau (1519-1551) mit einem Hof in Herschbach, genannt »uff der Lust«, belehnt worden zu sein.[Anm. 25]

Auch andere Herren, die in Herschbach begütert waren bzw. über Rechte verfügten verfügten über ihre Güter und Rechte, wie etwa 1483 Johann Graf von Nassau und Diez, der den Ailff Winter von Herschbach mit der Vogtei zu Weidenhahn und Zinsen und Gülten im Schloss Herschbach und in seinem Eigentum in der Gegend von Herschbach begabte.[Anm. 26] Johann V. von Isenburg, Erzbischof zu Trier (1547-1556) belehnte im Jahr 1553 als Vormund der Söhne seines Bruders, des verstorbenen Heinrich Herrn zu Isenburg und Grenzau (1519-1551) den Johann von Düsternau (Düysternaw) mit verschiedenen Gütern, darunter mit einem Hofgut zu Herschbach (Herspach).[Anm. 27]

Mehrere Herren verfügten über Eigenleute in Herschbach, Leute also, die nicht den Ortsherren von Isenburger, sondern ihren jeweiligen Leibherren zu Gehorsam verpflichtet waren.

Graf Salentin von Isenburg-Grenzau (1565-1610) verkaufte am 1. Mai 1586 an Wilhelm von Flodorf (Flodroff), Erbbannerherr des Herzogtums Luxemburg, Herr zu Leuth, Well und Fels für 24.000 Reichstaler eine Rente von 1.440 Reichstalern und verpfändete ihm dafür Haus und Flecken Herschbach samt allem Zubehör.[Anm. 28] Die Frau des neuen Pfandherrn, Johanna von der Fels, war eine nahe Verwandte des Arnold von der Fels, dem 1537 als Amtmann von Isenburg auch Herschbach anvertraut war. Graf Salentin war wohl nicht in der Lage, die versprochene Rente zu zahlen, sodass Wilhelm von Flodorf schon 1587 den Keller und den Schultheiß absetzte und dafür seine eigenen Leute ins Amt brachte. Offensichtlich gingen die Isenburger gegen den selbstbewussten Pfandherren vor. Es kam 1618 zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Adrian Balthasar von Flodorf und den Grafen Ernst (1610-1664) und Salentin von Isenburg-Grenzau (1610-1619) zu Arenfels auf Beibehaltung der Pfandschaft Herschbach. Doch die Pfandrechte waren wohl bereits an den Freiherrn Johann von Viermund, zu Leuth und Reicholt, Herr zu Neersen, Welle, Holtz, Marstorf und Besselt, Bannerherr des Herzogtums Luxemburg, Erbvogt zu Uerdingen und Anrath, der sich 1625 Pfandherr von Herschbach nannte. Er hinterließ die Pfandschaft seinem Sohn Adrian Wilhelm von Viermund (1613-1681), der sich 1640 als Pfandherr zu »Hersbach« bezeichnete.[Anm. 29] Auch diese Pfandschaft der Freiherren von Viermund sollte im Streit enden.

0.4.Weitere Nachrichten aus Herschbach

Gemehrtes Wappen der Fürsten Thurn und Taxis[Bild: gemeinfrei]

Im Jahr 1435 wird erstmals ein Bote in Herschbach genannt, der einen Briefschaft des Junkers von Isenburg beförderte. Zwischen 1749 und 1814 waren Postboten tätig, die die Post in besonderen Brieftaschen für die Rezeptur in Herschbach beförderten.[Anm. 30] Ein Verzeichnis der Briefschaften der Amtsrepositur zu Herschbach ist aus dem Jahr 1785 überliefert.[Anm. 31] Die Thurn- und Taxischen Postlinie unterhielt 1803 in Herschbach eine Station, 1850 gab es eine Niederlassung der Herzoglich-Nassauischen Post. Bis 1868, Herschbach war mittlerweile Teil des Königreichs Preußen, war die Poststation im Haus des Christian Krah in der Vordergasse untergebracht. Das »Kaiserliche Postamt« (1906) und später das »Reichspostamt« residierten in einem Wohngebäude an der Selterser Straße. Nach dem Krieg übernahmen die Deutsche Bundespost bzw. die Deutsche Post AG die Beförderung der Briefschaften.[Anm. 32]

Erstmalig wird im Jahr 1486 in einer Kellerei-Rechnung eine Schulgebäude in Herschbach erwähnt. Herschbach verfügte auch im Jahr 1664 über eine Schule. Beim Brand von 1707 scheint die Schule in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein, denn wenig später wurde ein (neues) Schul- und Gemeindehaus errichtet. Dieses Schulhaus wurde 1784 durch einen zusätzlichen Schulsaal erweitert. Eine Lateinschule wurde um 1740 vom Ortspfarrer gestiftet. Den Unterricht erteilte der Frühmesser. Die Lateinschule wurde jedoch 1814 wieder aufgelöst.[Anm. 33]

Im Jahr 1518 ist die Stadt Herschbach mit der Kirche abgebrannt. Diese kurze Nachricht[Anm. 34] liefert leider keine näheren Informationen zu diesem Ereignis. Bekannt ist, dass anlässlich des Wiederaufbaus der Stadt nach dem Brand 1519 eine Ordnung für die Stadt Herschbach erlassen,[Anm. 35] und 1520 neue Glocken bei Glockengießer Meister Peter aus Andernach besorgt wurden.[Anm. 36]

Der Trierer Erzbischof Johan V. von Isenburg (1547-1556) trat in den Jahren 1553 und 1554 als Vormund seiner Neffen auf. Nach Johans Tod 1556 nahm der Domherr Gerlach von Isenburg-Grenzau 1557 diese Vormundschaft war.

In den Jahren 1562 und 1563 waren Grenzau und Herschbach im Besitz des ehemaligen Domherren Johan von Isenburg (1562-1565), der sein Kirchenamt aufgegeben und 1562 Erika von Manderscheid-Blankenheim geheiratet hatte.[Anm. 37]

Während die Stadt Herschbach von den Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) weitgehend verschont blieb, wurden die außerhalb der Mauern liegenden Dörfer Oberherschbach und Dorfborn fast völlig zerstört. Ihre Bewohner suchten Zuflucht im befestigten Herschbach und wurden Bürger in der Stadt der Grafen von Isenburg. Die Wohnstätten der verlassenen Dörfer verödeten, nur das Kirchlein, die jetzige Wallfahrtskapelle in Oberherschbach blieb erhalten.[Anm. 38]

0.5.Herschbach fällt an das Erzstift Trier (1664)

Kurfürstliches Palais in Trier[Bild: Stefan Kühn - gemeinfrei]

Der Kampf um die Pfandschaft der Freiherren von Viermund zog sich bis zum Jahr 1664 hin[Anm. 39] Letzendlich verkaufte 1663 der Freiherr von Viermund-Neersen neben seinen Rechte in Marienrachdorf auch seine Ansprüche auf Herschbach und Schenkelberg für 16.000 Reichstaler an den Trierer Erzbischof. Kurtrier verglich sich mit Kurköln als Lehnsherrn von Herschbach und nahm nach dem Tod des Grafen Ernst von Isenburg-Grenzau im Jahr 1664 - die Linie Isenburg-Grenzau war damit ausgestorben - Herschbach in Besitz.[Anm. 40] Während das Erzstift Köln wenig Engagement zeigte, sich hier zu behaupten, nutzte Kurtrier die Gunst der Stunde. Herschbach bedeutete eine wertvolle Ergänzung des Trierer Territoriums.[Anm. 41]

Die Grafen von Sayn mochten diese Herrschaftsübernahm nicht hinnehmen, es kam bis ins 18. Jahrhundert hinein, immer wieder zu Streitigkeiten und gerichtlichen Auseinandersetzungen.

0.6.Die von Herschbach

In Herschbach gab es mehrere Familien, die sich nach ihrem Herkunftsort benannten. Sie werden in den Urkunden bei Belehnungen und anderen Gütertransaktionen häufig genannt. Andere Familien hatten Burgmannenrechte auf der Burg Herschbach und wählten deshalb Herschbach als Herkunftsnamen. So hatten etwa die Winter von Herschbach (seit 1315 erwähnt) Streubesitz um Herschbach und im weiteren Umkreis. Die Herren von Herschbach (seit 1301 genannt) hatten Wohnsitze zu Herschbach, Winden und Hönningen. Eine weitere Familie nannte sich Senger von Herschbach. Die Bertram von Herschbach (1369-1685), die um Herschbach und im Saynischen begütert waren, besaßen den Hof Bellen und einen Teil des Gerichts Weidenhahn.[Anm. 42]

0.7.Zur Geschichte Herschbachs seit dem 18. Jahrhundert

Titelseite des Reichsdeputations­hauptschlusses vom 25. Februar 1803[Bild: gemeinfrei]

Im Jahr 1707 kam es in Herschbach zu einem weiteren Großbrand. Der Ort brannte bis auf die Burg, das Gotteshaus, das Pfarrhaus und 9 Häuser nieder.[Anm. 43]

Die französische Besetzung der Rheinlande bedeutete das Ende des Trierer Kurstaates. Bei Verhandlungen in Regensburg (Reichsdeputationshauptschluss) wurde im Jahr 1803 beschlossen, dass die weltlichen Fürsten für ihre linksrheinischen Gebietsverluste an Frankreich mit rechtsrheinischen Gütern der ausgelösten Erzbistümer, Bistümer und Abteien entschädigt werden sollten. So erhielt 1803 Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1788-1816) die auf dem rechten Rheinufer gelegenen Teile des aufgehobenen Trierer Kurstaates, darunter die Ämter Montabaur, Limburg und Herschbach.[Anm. 44] Herschbach gehörte seit 1803 zum Fürstentum Nassau-Weilburg, das seinerseits 1806 im Herzogtum Nassau aufging.[Anm. 45]

Nach der militärischen Niederlage im »Deutschen Krieg« wurde das Herzogtum Nassau 1866 vom Königreich Preußen annektiert. Herschbach war nun bis zum Ende des 2. Weltkriegs Teil Preußens.

Von den Ereignissen des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71) und des 1. Weltkrieges (1914-1918) war Herschbach nicht direkt betroffen. Doch verloren auch Soldaten aus Herschbach ihr Leben auf den Schlachtfeldern. Im Kloster Marienhausen wurde 1915 ein Feldlazarett eingerichtet.[Anm. 46]

Im 2. Weltkrieg (1939-1945) war Herschbach dagegen auch selbst betroffen. Am 20. März 1945 wurde das Gebiet zwischen Pfarrhaus und Kaul Ziel eines alliierten Jagdbomberangriffes. Dreizehn Menschenleben waren zu beklagen.[Anm. 47]

Am 27. März wurde Herschbach von den Amerikanern befreit. Die Zahl der Kriegsopfer betrug 59 tote Soldaten, 29 Personen wurden vermisst, 13 Menschen fielen dem Bombenangriff zum Opfer und weitere 6 Menschen starben an den Kriegsfolgen.[Anm. 48]

Herschbach wurde nach dem Abzug der Amerikaner der französischen Besatzungszone zugeteilt. Seit 1946 gehört Herschbach zum neu gegründeten Bundesland Rheinland-Pfalz. Seit Entstehung des Westerwaldkreises gehört Herschbach dazu.

Im Zuge einer Verwaltungsreform wurde am 22. April die Verbandsgemeinde Selters (Westerwald) gegründet, der Herschbach als eigenständige Gemeinde seitdem angehört. Am 1. Januar 1976 wurde der Gemeindename von »Herschbach (Unterwesterwald)« in »Herschbach« geändet.

0.8.Nachweise

Verfasser: Stefan Grathoff

Literatur:

  • Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau.13). ND Wiesbaden 1999.
  • Hellmuth Gensicke: Herschbach und Schenkelberg. In: Nassauische Annalen 75 (1964), S. 214-231.
  • Schenkelberg, Manfred und Winfried Himmerich: Chronik von Herschbach 1248-1998. Hg. von der Ortsgemeinde Herschbach UWw. Engers 1997.
  • Roth, Hermann Josef: Der Westerwald. DuMont Kunst-Reiseführer. Köln 1982, S. 76f.
  • Uli Jungbluth: [Juden in] Herschbach. In: Joachim Lösch und Uli Jungbluth u.a. (Hg.): Juden im Westerwald. Leben, Leiden und Gedenken, S. 186-190.
  • Dehio, Rheinland-Pfalz Saarland. 2. bearbeitete und erweiterte Ausgabe. Darmstadt 1985, S. 366.

Webadressen:

Erstellt am: 30.09.2020

Anmerkungen:

  1. Gensicke, Herschbach S. 214; Schenkelberg/Himmerich S. 17. Zurück
  2. Gensicke, Landesgeschichte S. 25f. Zurück
  3. Goerz , Mittelrheinische Regesten III, S. 153 Nr. 675; Gensicke, Landesgeschichte S. 142 und S. 293. Zurück
  4. Gensicke, Landesgeschichte S. 102, 135 und 142 sowie Gensicke, Herschbach S. 214 zu den verwickelten Besitzverhältnissen. Zurück
  5. Gensicke, Landesgeschichte S. S. 135 und S. 177. Zurück
  6. Gensicke, Herschbach S. 215. Zurück
  7. Gensicke, Landesgeschichte S. 295. Zurück
  8. Ein Stadtrechtsprivileg aus jener Zeit hat sich nicht erhalten. Zurück
  9. Fischer, Geschlechts-Register Urkunden S. 117 Nr. CI. Erneuert unter Erzbischof Walram von Köln am 6.9.1353 »castrum et opidum Herspach« samt allem Zubehör (Fischer, Geschlechts-Register Urkunden S, 118 Nr. CII; Gensicke, Herschbach S. 215; Gensicke, Landesgeschichte S. 241, 296; Schenkelberg/Himmerich S. 203. Zurück
  10. Gensicke, Herschbach S. 218. Zurück
  11. Gensicke, Herschbach S. 218 mit den Archivbelegen. Zurück
  12. Gensicke, Herschbach S. 218; Schenkelberg/Himmerich S. 215f. Zurück
  13. Schenkelberg/Himmerich S. 213ff. mit weiteren Einzelheiten. Zurück
  14. Vogel, Limburger S. 65f. Zurück
  15. Hegel, Chronicon Moguntinum S. 26. Zurück
  16. Gensicke, Herschbach S. 215; Gensicke, Landesgeschichte S. 296. Zurück
  17. Gensicke, Herschbach S. 215; Gensicke, Landesherrschaft S. 304f., 393f. Zurück
  18. Gensicke, Herschbach S. 215f. Zurück
  19. Salentin V. der ältere (1368-1419) und sein Sohn Salentin VI. der jüngere (1376-1458) schuldeten Frank von Kronberg, ihrem Schwiegersohn, und dessen Ehefrau Katharina, ihrer Enkelin und Tochter, 500 rheinische Gulden, Koblenzer Währung, an Heiratsgeld, wofür sie ihre Hälfte an Schloss Herschbach verpfänden (HHStA Wiesbaden Best. B 9 Nr. 355 vom 15.3.1415). Zurück
  20. Gerlach, Herr zu Isenburg, und Grenzau (1443-1501) und seine Söhne Gerlach und Jakob verpfändeten (Verkauf auf Wiederkauf) um 1460 dem Grafen Gerhard II. von Sayn (1420-1493) die Herrschaft Herschbach für 4000 Gulden auf Wiederkauf (HHStA Wiesbaden Best. Urk. 54 Nr. 1784.). Zwischen 1468 und 1470 verpfändete Gerlach von Isenburg-Grenzau, seine Ehefrau Hildegart, ihr Sohn Gerlach und Jakob Burg Herschbach (Sloß Herßpach) mit allem, was dazu gehört, an Graf Gerhard II. von Sayn (HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. 114 und ebd. Nr. 2069), da sie bei ihm haben Geld geliehen hatten. Zur Wiedereinlösung 1471 bzw. 1472 HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. U 11536 zu 1471 und Nr. U 11562 zum 6.6.1472). Zurück
  21. 1471 verpfändeten Gerlach, Herr zu Isenburg-Grenzau und sein ältester Sohn Gerlach die Herrschaft Herschbach dem Erzbischof Johann von Trier (1456-1503) und dem Grafen Philipp von Katzenelnbogen und Diez († 1479) für 3000 Gulden (HHStA Wiesbaden Best. Urk. 54 Nr. 1952). Zur Rücklösung der Pfandschaft durch Philipp von Sirck, Dompropst in Trier und Herr zu Montclair siehe HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. U 11646 zum 18.6.1477 und HHStA Wiesbaden Best. Urk. I Nr. 2113 vom 21.6.1485. Zurück
  22. Gensicke, Herschbach S. 216. Zurück
  23. HHStA Wiesbaden Best. Urk. 7 Nr. 60. Siehe den Revers des Eberhard von Sayn, Graf zu Wittgenstein, für Landgraf Wilhelm III. d.J. von Hessen (1492-1500) von 1493 über die amtsweise Verleihung von Amt, Schloss und Stadt Herschbach, wie er es von Gerlach d.Ä. von Isenburg und dessen Söhnen pfandweise innehat. Die Verschreibung des Landgrafen vom gleichen Tag ist wörtlich inseriert (HHStA Wiesbaden Best. Urk. 1 Nr. 2974). Zurück
  24. HHStA Wiesbaden Best. 114 in Nr. U 5. Zurück
  25. HHStA Wiesbaden Best. 121 Nr U von Hardert 1543 Dezember 21. Zurück
  26. HHStA Wiesbaden Best. 170 I Nr. U 1913a. Zurück
  27. HHStA Wiesbaden Best. 121 Nr. U von Düsternau 1553 Juli 10 a. Zurück
  28. HHStA Wiesbaden Best. 114 Nr. U 24 zum 1.5.1586. Zurück
  29. Gensicke, Herschbach S. 216f.; Gensicke, Landesgeschichte S. 305; 393f. Zurück
  30. HHStA Wiesbaden Best. 114 Nr. 100. Zurück
  31. HHStA Wiesbaden Best. 114 Nr. 13. Zurück
  32. Schenkelberg/Himmerich S. 211f. Zurück
  33. Gensicke, Herschbach S. 220; Schenkelberg/Himmerich S. 113ff. ausführlich zu den Schulgebäuden und den Lehrern. Zurück
  34. Notiz im HHStA Wiesbaden Best. 114 in Nr. U 28 Zurück
  35. HHStA Wiesbaden Best. 111 in Nr. U 28. Zurück
  36. HHStA Wiesbaden Best. 114 in Nr. U 28. Zurück
  37. Gensicke, Westerwald S. 352. Zurück
  38. Markovic, Verbandsgemeinde S. 81, Zurück
  39. Vgl. die Verhandlungen mit Kurtrier im HHStA Wiesbaden Best. 114 Nr. 2. Zurück
  40. HHStA Wiesbaden Best. 114 I Nr. 4; Gensicke, Herschbach S. 217; Gensicke, Landesgeschichte S. 353. Zurück
  41. Gensicke, Landesgeschichte S. 330, 331. Zurück
  42. Gensicke, Herschbach S. 223ff.; Gensicke, Landesgeschichte S. 100, 229, 293; Schenkelberg/Himmerich S. 204ff. Vgl. den Aufsatz von Bernhard Hemmerle: Die von Herschbach, der über die Homepage der Stadt eingesehen werden kann. Zurück
  43. Schenkelberg/Himmerich S. 113. Zurück
  44. Gensicke, Landesgeschichte S. 486; Gensicke, Handbuch S. 135. Zurück
  45. Gensicke, Landesgeschichte S. 488. Zurück
  46. Schenkelberg/Himmerich S. 221. Zurück
  47. Schenkelberg/Himmerich S. 88 und 222; Greifendorf, Kriegsschauplatz S. 65. Zurück
  48. Schenkelberg/Himmerich S. 223. Zurück