Eschbach im Rhein-Lahn-Kreis

Zur Ortsgeschichte von Eschbach

Der Ort Eschbach liegt westlich der Stadt Nastätten im Rhein-Lahn-Kreis. Die Taunusgemeinde wurde im Jahr 1260 das erste Mal urkundlich erwähnt und feierte 2020 ihr 760-jähriges Bestehen.

Antike

Die ersten Spuren einer Besiedelung hinterließen seit dem zweiten Jahrtausend v. Chr. die Kelten, worauf Überreste von Hügelgräbern nordöstlich der Gemarkung hindeuten. Der Ort selbst könnte keltischen Ursprungs sein, es fehlen jedoch Beweise, welche diese These stützen. Im Laufe des ersten nachchristlichen Jahrhunderts drangen dann die Römer von Südwesten her in die Rhein-Lahn-Region vor.  Diese errichteten im zweiten Jahrhundert n. Chr. an der Grenze des Imperiums den Limes, der ca. acht Kilometer nordöstlich des heutigen Dorfes verlief. Aus der Römerzeit sind darüber hinaus Spuren eines größeren Landgutes erhalten, das nach dem Fall des Limes Mitte des dritten Jahrhunderts vermutlich aufgegeben wurde.[Anm. 1]

Mittelalter

Ab dem sechsten Jahrhundert gelang das Gebiet zwischen den Flüssen Rhein, Lahn und Aar unter die Herrschaft der Franken, welche die Region als Einrichgau bezeichneten. Obwohl eine unklare Quellenlage Anlass für Spekulationen über eine frühere urkundliche Ersterwähnung gibt, stammt der erste belastbare Beleg aus dem Jahr 1260. Im Teilungsvertrag zwischen den Grafen Diether und Eberhard von Katzenelnbogen wird ein Höriger namens Allbrand erwähnt, der in „Esshebach“ ansässig war. Der Ortsname geht vermutlich auf eine Beschreibung der Lage des Dorfes zurück, das von Feldern (Esch) und Fließgewässern (Bach) umgeben ist.[Anm. 2]

Durch die im Vertrag von 1260 festgeschriebene Erbteilung des Hauses Katzenelnbogen entstand – nachdem sich das Haus Nassau fünf Jahre zuvor ebenfalls in zwei Linien aufgespalten hatte – das Landgericht der vier Herren. Der Einrichgau war nun zum Kondominium geworden, das von den Herrscherhäusern und deren Nachkommen bzw. Erben gemeinsam verwaltet wurde. Die gemeinsame Rechtsprechung innerhalb des Kondominiums spielte dabei eine wichtige Rolle. Es ist überliefert, dass eine Person aus Eschbach im Jahr 1437 als Vorsitzender (Schultheiß) des Vierherrengerichts mit Sitz in Marienfels bestimmt wurde. Ein weiterer Einwohner des Ortes übte im gleichen Zeitraum die Funktion als Beisitzer (Schöffe) aus.

Während sich in vielen umliegenden Gemeinden die Besitzverhältnisse immer weiter ausdifferenzierten, fiel der Ort Eschbach im Jahr 1465 an die Herren von Katzenelnbogen. Jedoch besaß zu diesem Zeitpunkt wohl auch das Haus Nassau grundherrliches Eigentum in Eschbach, was bis ins 18. Jahrhundert zu Streitigkeiten zwischen den beiden Parteien führte.[Anm. 3] Mit dem Aussterben des Grafengeschlechts von Katzenelnbogen erbte 1479 Landgraf Heinrich III. von Hessen das Herrschaftsgebiet. Nach der Teilung des Hauses Hessen 1567 fiel die Niedergrafschaft, und somit auch Eschbach, an Hessen-Kassel.[Anm. 4]

Frühe Neuzeit

Noch vor der Erbteilung des Hauses Hessen führte Landgraf Philipp I. im Jahr 1527 die lutherische Reformation in der Niedergrafschaft ein.[Anm. 5] 1563 wurde die bis dato selbstständige Pfarrei Eschbach aufgelöst und an das Kirchspiel Weyer angegliedert. In der Folgezeit kam es zu einigen Konflikten zwischen den beiden Kirchengemeinden. Ein Dissens entstand beispielsweise in Bezug auf die Finanzierung des Kirchenneubaus in Weyer 1744. Auch die Frage, wie oft der Gottesdienst in den beiden Gemeinden gehalten werden sollte, musste bereits 1713 gerichtlich geklärt werden.[Anm. 6]

Der sich an die Reformation anschließende Dreißigjährige Krieg wirkte sich schon in seiner Anfangsphase auf die Bewohner des Ortes aus. Im Jahr 1623 kam es zu Plünderungen durch sachsen-lauenburgische Soldaten, bei denen die Kapelle in Eschbach sowie die Kirche in Weyer beschädigt wurden. Für die Bevölkerung führten diese Truppendurchzüge zu enormen Belastungen. So hatte sich die Bevölkerungsstärke 40 Jahre nach dem Westfälischen Frieden noch immer nicht von den Auswirkungen des Konfliktes erholt. Die Anzahl der Haushalte sank von 18 vor Beginn des Krieges auf 16 im Jahr 1688.[Anm. 7]

Die Aufteilung des Vierherrengebietes in den Nastätter Rezessen der Jahre 1774/75 markierte dann das endgültige Ende des Kondominiums. Eschbach blieb unter der Herrschaft der Landgrafen von Hessen-Kassel und wurde weiterhin vom Amt Reichenberg aus verwaltet.[Anm. 8] Diese Zuordnung änderte sich jedoch bald mit der Expansion des napoleonischen Frankreichs, welches die Niedergrafschaft ab 1803 besetzt hielt. Nach dem Wiener Kongress fiel das Gebiet 1816 an das neu gebildete Herzogtum Nassau.[Anm. 9]

Neuzeit

Der Vormarsch der französischen Armee brachte nicht nur erhebliche Probleme durch Truppendurchzüge und Einquartierungen mit sich, sondern bedeutete für die Bevölkerung auch einen Zugewinn an freiheitlichen Rechten. Bis zu den gesellschaftlichen Umwälzungen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhunderts hatte der überwiegende Teil der bäuerlichen Bevölkerung im Einrichgau in Leibeigenschaft gelebt und war nicht selten mehreren Herren gegenüber abgabepflichtig. Neben zahlreichen Reformen markierte somit die Abschaffung der Grundherrschaft einen entscheidenden Schritt in die Moderne. Auch aufgrund der Lockerung der Abgabenlast stieg unter der nassauischen Herrschaft die Einwohnerzahl Eschbachs im Jahr 1843 auf 170 Personen an.[Anm. 10]

Seit dem 18. Jahrhundert war die Landwirtschaft nicht mehr die einzige Erwerbsmöglichkeit für die Bewohner des Ortes. Als Folge des umliegenden Silber- und Bleibergbaus entstand 1771 ein wasserbetriebenes Pochwerk beim Zusammenfluss des Reichelsteiner Baches mit dem Schafbach. In dem Betrieb wurde u.a. das Erz aus dem später als Grube „Gute Hoffnung“ bezeichneten Bergwerk zwischen Wellmich und Ehrenthal verarbeitet. Die vorläufige Einstellung des Grubenbetriebes im Jahr 1883 bedeutete dann das Ende der Anlage in Eschbach.[Anm. 11]

Im Zuge des preußisch-österreichische Krieg des Jahres 1866 wurde das Herzogtum Nassau annektiert, da es auf der unterlegenen österreichischen Seite gestanden hatte. Preußen integrierte das Gebiet des ehemaligen Herzogtums in die neu gebildete Provinz Hessen-Nassau. In der Folgezeit verbesserte sich die Lebenssituation der Eschbacher durch zahlreiche technische Neuerungen. Durch den Anschluss an die Nassauische Kleinbahn (über die Bahnhöfe Eschbacher Weg und Gemmerich) im Jahr 1903 und den Ausbau der Straße nach Weyer verbesserte sich die Anbindung des Ortes. 1914 folgte die Elektrifizierung. Die steigende Einwohnerzahl – zu Beginn des 20. Jahrhunderts wohnten 200 Personen in Eschbach – veranlasste die Gemeinde zum Bau eines eigenen Schulgebäudes. In der Folge wurde der bis zum Jahr 1892 bestehende Schulverband mit Weyer aufgekündigt. Die Eschbacher Kinder hatten somit nicht mehr täglich den drei Kilometer langen Weg in den Nachbarort zurückzulegen.[Anm. 12]

Der Erste Weltkrieg beendete den Fortschritt- und Technikoptimismus des frühen 20. Jahrhunderts und machte sich auf verschiedenen Ebenen auch im kleinen Eschbach bemerkbar. Bis Dezember 1916 wurden 33 Männer des Dorfes zum Militärdienst eingezogen, die nun an ihren Arbeitsplätzen – meist in der Landwirtschaft – fehlten. Eine Viehzählung aus dem Kriegsjahr 1916 legt offen, dass in Eschbach ungefähr 198 Rinder, 88 Schweine, 24 Ziegen und 455 Hühner gehalten wurden. Nahrungsmittel waren somit auf dem Land, verglichen mit der Situation in den Städten, noch in bescheidenem Maße vorhanden. So brachte man über den Sommer 1917 Kinder aus Großstädten in den Dörfern der Region unter. Eschbacher Familien beherbergten in dieser Zeit gegen den kleinen Betrag von 50 Pfennig pro Tag insgesamt 14 Kinder aus Remscheid. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches waren zunächst auf dem Rückzug befindliche deutsche Truppen und im Januar 1919 für kurze Zeit französische Soldaten in Eschbach einquartiert. Insgesamt kostete der Krieg 12 Menschen aus Eschbach das Leben, für die schon 1920 ein Kriegerdenkmal auf dem Friedhof errichtet wurde.[Anm. 13]

Im Zuge der alliierten Rheinlandbesatzung gehörte Eschbach bis Ende 1929 zur französischen Zone. Die ersten Nachkriegsjahre waren dann auch auf dem Land durch Mangel und Entbehrungen geprägt. Dies wurde durch die Hyperinflation, welche 1923 ihren Höhepunkt erreichte, noch verstärkt. Während der anschließenden wirtschaftlichen Entspannung wurde 1928 erst eine Omnibusverbindung eingerichtet, die später durch die Anbindung an den Postfahrdienst ersetzt wurde. Der Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 markierte dann das Ende des bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwungs. Die überall grassierende Arbeitslosigkeit machte sich auch in Eschbach bemerkbar. Von 40 Personen, die in den Jahren 1928/29 in den umliegenden Orten tätig waren, ging 1932 noch eine Person auswärts arbeiten. Die Tatsache, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in Eschbach zu klein waren, um allen Bewohnern Erwerbsmöglichkeiten zu bieten, machte die Situation zusätzlich prekär.[Anm. 14]

Auch aufgrund der wirtschaftlichen Verwerfungen ist davon auszugehen, dass die NS-Herrschaft in Eschbach überwiegend begrüßt wurde. Jedoch gab es auch Bürger, die der Diktatur gegenüber kritisch eingestellt waren, was die Nähe der Eschbacher Gemeinde zur oppositionellen „Bekennenden Kirche“ zeigt. Die Kriegshandlungen während des Zweiten Weltkrieges wirkten sich erst in der Schlussphase des Konfliktes auf das Dorf aus, in der einige Fliegerbomben in der Nähe des Ortes einschlugen. Während des Vormarsches der Alliierten wurden zwei Wohnhäuser und einige Scheunen zerstört. Mit der Befreiung des Dorfes durch die Amerikaner am 27. März 1945 endete für die Bewohner Eschbachs der Zweite Weltkrieg. In diesem Konflikt hatte die Gemeinde den Verlust von elf Gefallenen und sechs Vermissten zu betrauern.[Anm. 15]

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Eschbach in der französischen Besatzungszone und wurde somit Teil des 1946 geschaffenen Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Bis Mitte der 1950er Jahre musste die Gemeinde vier Familien aus den ehemaligen Ostgebieten aufnehmen. Die anfangs schlechte wirtschaftliche Situation der Nachkriegszeit begann sich in den 1950er Jahren stark zu verbessern. So wurde 1958 eine neue Kanalisation fertiggestellt und es erfolgten zahlreiche Modernisierungen der Gebäude und der Infrastruktur. 1964 waren bereits 30 Autos und 16 Traktoren im Ort angeschafft worden. Durch den technischen Fortschritt veränderte sich auch die seit dem 19. Jahrhundert im Wandel begriffene Erwerbsstruktur. Immer mehr EinwohnerInnen Eschbachs gingen in den umliegenden Orten einer Arbeit nach und der Erhalt kleinerer Bauernhöfe lohnte sich kaum noch. Heute gibt es im Dorf noch drei landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe und ein Großteil der umliegenden Felder wird von Bauern aus der Umgebung bewirtschaftet.[Anm. 16]

Im Jahr 1967 endete durch die Eröffnung der Mittelpunktschule in Miehlen die 75 Jahre andauernde Schulgeschichte Eschbachs. Ein weiteres Stück an Selbstständigkeit musste 1972 mit dem Beitritt zur Verbandsgemeinde Nastätten aufgegeben werden. So ist die Ortsgemeinde immer mehr auf das Engagement ihrer BürgerInnen angewiesen. Durch die Mithilfe der EinwohnerInnen konnte 1968 das Gemeindehaus eingeweiht und 1970 ausgebaut werden. Auch die Renovierungen des Backhauses 1986 und des Dorfplatzes 1994/95 wurden erst durch den Einsatz Freiwilliger möglich. Seit 2002 besitzt Eschbach sein eigenes Wappen, dessen Symbolik sich eng an der Geschichte des Dorfes orientiert. Die zusammenlaufenden Goldstreifen stehen für den Reichelsteiner Bach und den Schafbach, die in der Gemarkung zusammenfließen. Die drei Ähren symbolisieren die dorfbildprägende Landwirtschaft. Hammer und Schlägel verweisen auf die Bergbaugeschichte des Ortes, die besonders zwischen 1771 und 1883 in Eschbach in Form des Pochwerks zugegen war. Der Portikus im unteren Bereich des Wappens verweist schließlich auf die frühe Präsenz der Römer im Dorf und steht für den Gutshof, der im zweiten und dritten Jahrhundert in der Gemarkung existierte.[Anm. 17]

Verfasser: Jan Brunner
Verwendete Literatur:

  • Deutsche Limeskommission: Orte am Limes (Übersichtskarte). URL: www.deutsche-limeskommission.de/index.php (03.08.2020).
  • Gemeinde Eschbach: Chronik der Gemeinde Eschbach. Marienfels 2004.
  • Herold, Rudolf: Die Grafen von Katzenelnbogen und ihre Erben. Territorialgeschichte im Mittelrheingebiet. In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 150-165.
  • Herold, Rudolf: Die Einführung der Reformation im heimischen Raum. In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 166-183.
  • Mollenhauer, Rolf: Name und Wappen der Gemeinde Eschbach. In: Rhein-Lahn-Kreis. Heimatjahrbuch (2004), S. 162-163.
  • Breiden, Dieter: Eine Episode aus der Kirchengeschichte Weyer – Eschbach. In: Rhein-Lahn-Kreis. Heimatjahrbuch (2002), S. 81-84.

Letzte Bearbeitung: 06.08.2020

Anmerkungen:

  1. Deutsche Limeskommission: Orte am Limes (Übersichtskarte). URL: http://www.deutsche-limeskommission.de/index.php?id=23 (03.08.2020); Gemeinde Eschbach: Chronik der Gemeinde Eschbach. Marienfels 2004, S. 32-35. Zurück
  2. Gemeinde Eschbach, Chronik, S. 44-47. Zurück
  3. Ebd., S. 50f. Zurück
  4. Herold, Rudolf: Die Grafen von Katzenelnbogen und ihre Erben. Territorialgeschichte im Mittelrheingebiet. In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 150-165, hier S. 162ff. Zurück
  5. Herold, Rudolf: Die Einführung der Reformation im heimischen Raum. In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 166-183, hier S. 170ff. Zurück
  6. Breiden, Dieter: Eine Episode aus der Kirchengeschichte Weyer – Eschbach. In: Rhein-Lahn-Kreis: Heimatjahrbuch (2002), S. 81-84, hier S. 81-84. Zurück
  7. Gemeinde Eschbach, Chronik, S. 52f. Zurück
  8. Ebd., S. 61f. Zurück
  9. Herold, Territorialgeschichte, S. 164f. Zurück
  10. Gemeinde Eschbach, Chronik, S. 62. Zurück
  11. Ebd., S. 53-57. Zurück
  12. Ebd., S. 64-68 u. 72f. Zurück
  13. Ebd., S. 73-76. Zurück
  14. Ebd., S. 76-79. Zurück
  15. Ebd., S. 79ff. Zurück
  16. Ebd., S.  82-85. Zurück
  17. Gemeinde Eschbach, Chronik, S. 84 u. 88-91; Mollenhauer, Rolf: Name und Wappen der Gemeinde Eschbach. In: Rhein-Lahn-Kreis. Heimatjahrbuch (2004), S. 162-163, hier S. 163. Zurück