Ockenheim in Rheinhessen

St. Peter und Paul in Ockenheim

Außenansicht der katholischen Kirche St. Peter und Paul in Ockenheim[Bild: Alexander Wißmann]

Im Jahr 1774 wurde unter Leitung des Pfarrers Franz Bernhard Hoch mit dem Bau der neuen katholischen Pfarrkirche begonnen. Der Architekt und Baumeister war Johannes Hotter aus Großostheim. Man beschloss die alten Marienkapelle im Ort abzureißen und an ihrer Stelle die neue Kirche zu errichten. Die Marienkapelle wurde im 14. Jahrhundert genannt und 1648 neu errichtet. Sie gehörte dem Mainzer Altmünsterkloster. Die alte Marienkapelle wurde abgerissen, wobei Bausteine für den Neubau verwendet wurden, und an ihrer Stelle der heutige Bau errichtet.[Anm. 1] Beachtenswert ist die imposante Giebelfassade, dessen geschweifter Auszug beidseitig von Pinienzapfen bekrönt wird. Die Fassade ist vergleichbar mit den Giebelfassaden in den benachbarten katholischen Kirchen von Dromersheim (ebenfalls eine Kirche von Johann Hotter), Heidesheim und Badenheim.[Anm. 2] Die Kirche ist als Chorturmkirche konzipiert, d.h. der Chor der Kirche wird vom Turm überragt. Am 27. Juni 1779 (Weihebuch des Weihbischofs von Straus) konnte die Einweihung der neuen Pfarrkirche vollzogen werden. Die Kirche wurde wiederum dem Hl. Petrus geweiht. Man nahm jedoch den Hl. Paulus als Mit-Patron dazu. Über dem Westportal ist ein Schlussstein angebracht mit der Jahreszahl 1774. Über dem Portal, das von einem gesprengten Schweifgiebel endet, steht in der Nische eine Sandsteinfigur der Muttergottes im Typus der Immaculata aus einer Mainzer Werkstatt des 18. Jahrhunderts, die sehr viele Sandstein-Figuren in Rheinhessen hinterlassen hat.

Das Innere wird von Pilastern gegliedert. Der Chorraum endet in einem fünfsteitigen Chorabschluss. Die rundbogigen Fenster sind von Sandstein gerahmt.

Der Hochaltar stammt aus dem Jahr 1761 und wurde von dem Mainzer Hofschreiner Franz Anton Herrmann (1711-1770) ursprünglich für die katholische Kirche St. Maria Magdalena in Gernsheim gefertigt. Als man in Gernsheim einen neuen Hochaltar in Auftrag gegeben hatte, gab man den nicht mal 20 Jahre alten Hochaltar für die Kirche in Ockenheim ab. Er wurde 1780 aufgestellt. Im Aufbau erinnert er an die Altäre von St. Peter in Mainz (1756) und den Hochaltar in St. Stephan in Marienborn (1748). [Anm. 3]

Auf dem Altaraufsatz befindet sich eine Kreuzigungsgruppe, Christus am Kreuz flankiert von seiner schmerzhaften Mutter Maria, dem Hl. Johannes Evangelist und kniend unter dem Kreuz die Hl. Maria Magdalena. Links und rechts über den Durchgangstüren befinden sich zwei adorierende Engel, einer davon das Weihrauchfass schwenkend. Darunter die Symboltiere der Hll. Evangelisten Johannes, Lukas, Markus und Matthäus. Im Auszug befinden sich kleine Engel mit Leidenswerkzeugen (Essigschwamm und Lanze) neben florierenden Vasen und zwei weiteren anbetenden Engeln. Über der Kreuzigungsgruppe ist das Blut vergießende Lamm Gottes in einer Rocaille-Kartusche zu sehen. Im Gewölbe des Sanktuariums befindet sich eine Darstellung der Mariä Heimsuchung. Maria wird von ihrer Base Elisabeth empfangen. Das Fresko stammt, wie auch das Fresko im Kirchenschiff von um 1910.

Von Herrmann stammte auch die Kommunionbank, die leider im Kontext während der Umgestaltungen des Zweiten Vatikanischen Konzils verbrannt worden ist. Sie war der Kommunionbank in Marienborn sehr ähnlich.

Die Seitenaltäre stammen aus dem Zisterzienserkloster Eberbach und werden um 1720 datiert.[Anm. 4] Sie wurden von Abt Adolph II. Werner von Salmünster (Amtszeit: 1750–1795) 1775 für die Kirchweihe der Gemeinde in Ockenheim zum Geschenk gemacht.[Anm. 5] Die Skulptur auf dem linken Seitenaltar ist später eingefügt worden und zeigt den Hl. Joseph mit dem Jesusknaben. Im Auszug befindet sich der Hl. Petrus von Castelnau (gest. 1208), eine in unserem Raum sehr selten anzutreffende Darstellung dieses Zisterzienserheiligen. Auf dem Retabelauszug sitzen zwei sogenannte Dachungsengel.

Auf dem rechten Seitenaltar befindet sich eine thronende Muttergottes mit Jesuskind. Die Darstellung ist aus Lindenholz geschnitzt und wird um 1430 datiert. Sie gehört zur Gruppe der Kreuzszeptermadonnen, die alle aus einer Mainzer Werkstatt stammen. Dazu gehören neben dieser Ockenheimer Madonna auch die Muttergottes aus der Korbgasse in der Karmeliterkirche in Mainz und eine Sandstein-Madonna in St. Stephan in Marienborn.[Anm. 6] Das Kruzifix in der rechten Hand Mariens, das von Rosen umrankt wird, ist wahrscheinlich eine spätere Ergänzung. Ebenso ist die Krone Mariens nicht ursprünglich. Im Auszug des Altars befindet sich eine Figur von Gottvater. Auch hier wird der Altaraufbau von einem Engelpaar begleitet.

Auch die Ewig Licht Ampel von 1688 stammt aus Kloster Eberbach. Sie zeigt das Wappen des Eberbacher Abtes Alberich Kraus (Amtszeit: 1667–1702) und die Inschrift: Albericus Abbas Ehrbacensis 1688. Sie wurde wahrscheinlich zusammen mit den Seitenaltären geschenkt. Die Ampel wurde in Augsburg gefertigt.[Anm. 7]

Die Kanzel aus dem 18. Jahrhundert stammt vom Schreiner Andres aus Oestrich.[Anm. 8] Es handelt sich um eine geschwungene in zurückhaltendem Rokoko-Ornament gefertigte Kanzel. Der Kanzelkorb ist streng gegliedert und fällt dich seine Kargheit auf. Auf dem Schalldeckel steht nicht, wie sonst üblich, eine figürliche Darstellung, sondern es wurde fast komplett auf Figuren verzichtet. Eine Ausnahme bildet der Hl. Geist in Taubengestalt im Schalldeckel.

Im Kirchenschiff befinden sich wertvolle Figuren. Neben einem Hl. Blasius (gest. Anfang des 4. Jhd.), Patron gegen Halskrankheiten, der Hl. Margaretha von Antiochia (gest. um 305), Patronin und Rodungsheilige, somit wichtig für den Ockenheimer Weinbau (1. Hälfte des 18. Jahrhunderts) und einem Hl. Antonius von Padua (1195-1231) werden zwei der Figuren, der Hl. Laurentius von Rom (gest. 258) und der Hl. Christophorus (gest, um 250), dem Mainzer Bildhauer Johann Georg Biterich (1724-1789) zugeschrieben.[Anm. 9] Sie sind wahrscheinlich während des Kirchenneubaus entstanden, so dass sie um 1775 datiert werden können.

Im Gewölbe des Kirchenschiffs ist ein Deckenfresko mit der Szene der Marienkrönung im Himmel zu sehen.

Die bedeutendste Figur in Kirchenschiff stellt die Hl. Bilhildis (gest. um 734) dar, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden ist.[Anm. 10] Sie stammt vielleicht aus dem aufgelösten Mainzer Altmünsterkloster, das sie gegründet hat und wo sie sehr verehrt wurde. Vielleicht aber stand die Figur der Heiligen von Altmünster zusammen mit der thronenden Muttergottes mit Kind schon in der alten Marienkapelle und wurde beim Neubau in die Kirche übernommen. Da die alte Marienkapelle dem Altmünsterstift gehörte könnte das eine Möglichkeit sein. Wie die Figur nach Ockenheim gekommen ist oder ob sie schon immer in Ockenheim war, ließ sich bisher nicht hinreichend nachweisen. Bilhildis trägt ihre Ordenstracht vom Zisterzienserordens. Da sie adeliger Herkunft war, trägt sie einen Hermelinmantel, unter dem sich links und rechts paarweise Nonnen gruppieren, die betend zu ihr emporschauen. In ihrer rechten Hand trägt sie den Stab der Äbtissin und in der linken hält sie ein Kirchenmodell, dass das von ihr gegründete Kloster verkörpert. Die Figur gehört zu den aussagekräftigsten und schönsten Darstellungen dieser Heiligen.

Der Taufstein der Kirche besteht aus schwarzem Marmor und stammt wie die Beichtstühle und das Weihwasserbecken aus der Erbauungszeit.

Die doppelgeschossige Orgelempore aus der Erbauungszeit wurde 1980 teilweise erneuert. Die Brüstungen sind mit Malereien (1779) von Georg Danner und Franz Raffer aus Ingelheim versehen. Sie zeigen die Hl. Apostel und Trompeten blasende Priester aus dem Gefolge König Davids. Die Orgel wurde zwischen 1775 und 1777 von Johannes Franz Stumm (1748-1826) mit einem reich verzierten Orgelprospekt versehen.[Anm. 11] Über der Empore sind in vier Tondi die Hl. Kirchenväter Ambrosius, Augustinus, Gregor der Große und Hieronymus in Camaieu-Malerei ausgeführt.

Ein Epitaph hat sich im Kirchenraum erhalten. Es wird ins 16. Jahrhundert datiert und zeigt ein kniendes Ehepaar zu Füßen des Gekreuzigten Heilands.[Anm. 12]Durch die beiden Wappen lassen sich die Stifter identifizieren.

Die farbigen Kirchenfenster sind um 1910 eingefügt worden und zeigen diverse Heilige.[Anm. 13] Es sind der Auferstandene Jesus Christus, Maria als Immaculata, die Kirchenpatrone, die Hll. Petrus und Paulus, die Hl. Barbara von Nikomedien, Hl. Katharina von Alexandria.

Im Kirchenschatz befindet sich eine Monstranz vom Mainzer Goldschmied Johann Ledent (1671–1735) von 1722.[Anm. 14] Sie wurde von Johannes Reckert und seiner Ehefrau Anna Reckert, geb. Thewrin gestiftet. Die Inschrift auf dem Fuß lautet: Joannes Reckert und Anna Reckertin geborne Thewrin beide Eheleut von Ockenheim haben diese Monstrans Machen lassen 1722 18tn August.[Anm. 15] In der katholischen Kirche des benachbarten Dromersheim befindet sich ebenfalls eine Monstranz von Ledent aus dem selben Jahr. [Anm. 16]

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Nachweise

Verfasser: Alexander Wißmann M.A.

Verwendete Literatur:

  • Bermuth, Georg, Müller, Walter, Griesbach, Dieter: Die Zisterzienser und Kloster Eberbach im Rheingau. Jubiläumsausstellung aus Anlaß der 850. Wiederkehr der Gründung des Klosters Eberbach (13. Februar 1136) und der 800. Wiederkehr der Weihe der Klosterkirche (23. Mai 1186), 4. Mai bis 29. Juni 1986, Wiesbaden, Eltville 1986.
  • Bösken, Sigrid: Die Mainzer Goldschmiedezunft. Ihre Meister und deren Werke vom Ende des 15. Bis ausgehenden 18. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Band 21, Mainz 1971.
  • Baron Döry, Ludwig: Der Mainzer Bildhauer Johann Georg Biterich (1724-1789), in: Mainzer Zeitschrift 76, 1981, S. 59–75.
  • Krienke, Dieter: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 18.1: Kreis Mainz-Bingen, Worms 2007.
  • Wolf, Peter Alfred: Das Werk des Mainzer Hofschreiners Franz Anton Herrmann (1711-1770), in: Mainzer Zeitschrift 65, 1970, S. 1–36, S. 32.

Aktualisiert am: 17.04.2016

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Anmerkungen:

  1. Siehe Dieter Krienke: Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz 18.1. Kreis Mainz-Bingen, Worms 2007, S. 292. Zurück
  2. Siehe a.a.O., S. 293. Zurück
  3. Siehe Peter Alfred Wolf: Das Werk des Mainzer Hofschreiners Franz Anton Herrmann (1711-1770), in: Mainzer Zeitschrift 65, 1970, S. 1–36, S. 32. Zurück
  4. Siehe Dieter Krienke: Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz 18.1. Kreis Mainz-Bingen, Worms 2007, S. 292. Zurück
  5. Siehe Georg Bermuth et al.: Die Zisterzienser und Kloster Eberbach im Rheingau. Jubiläumsausstellung aus Anlaß der 850. Wiederkehr der Gründung des Klosters Eberbach (13. Februar 1136) und der 800. Wiederkehr der Weihe der Klosterkirche (23. Mai 1186), 4. Mai bis 29. Juni 1986, Wiesbaden, Eltville 1986, S. 37f.  Zurück
  6. Siehe Rheinhessen Marketing e.V. (Hrsg.): Kulturführer Liebfrauenland. Gotik in Rheinhessen, Alzey 2009, S, 40. Zurück
  7. Siehe Georg Bermuth et al.: Die Zisterzienser und Kloster Eberbach im Rheingau. Jubiläumsausstellung aus Anlaß der 850. Wiederkehr der Gründung des Klosters Eberbach (13. Februar 1136) und der 800. Wiederkehr der Weihe der Klosterkirche (23. Mai 1186), 4. Mai bis 29. Juni 1986, Wiesbaden, Eltville 1986, S. 63f. Zurück
  8. Siehe Dieter Krienke: Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz 18.1., Kreis Mainz-Bingen, Worms 2007, S. 292. Zurück
  9. Siehe Ludwig Baron Döry: Der Mainzer Bildhauer Johann Georg Biterich (1724-1789), in: Mainzer Zeitschrift 76, 1981, S. 59–75, S. 74. Zurück
  10. Siehe Dieter Krienke: Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz 18.1. Kreis Mainz-Bingen, Worms 2007, S. 292. Zurück
  11. Siehe ebd. Zurück
  12. Siehe a.a.O., S. 293. Zurück
  13. Siehe ebd. Zurück
  14. Siehe Sigrid Bösken: Die Mainzer Goldschmiedezunft. Ihre Meister und deren Werke vom Ende des 15. Bis ausgehenden 18. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Band 21, Mainz 1971, S. 88. Zurück
  15. Ebd. Zurück
  16. Siehe ebd. Zurück