Worms in Rheinhessen

0.Das Herrnsheimer Schloss

Verfasser: Jonathan Bugert M.A.

Erstellt am: 22.02.2024

Blick auf das Herrnsheimer Schloss vom Schlosspark
Blick auf das Herrnsheimer Schloss vom Schlosspark[Bild: Jonathan Bugert]

Das Herrnsheimer Schloss ist eine eindrucksvolle Schlossanlage mit anschließendem englischem Landschaftsgarten im Norden des Herrnsheimer Ortsgebietes. Die lange Geschichte des Herrnsheimer Schlosses ist eng mit der Geschichte der Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg verknüpft, einem führenden reichsunmittelbaren Adelsgeschlecht im mittelrheinischen Raum. Diese hielten seit Mitte des 14. Jahrhunderts die Herrnsheimer Ortsherrschaft und nutzten die Gemeinde ab dem 15. Jahrhundert als Residenzort. Das Schloss wurde 1883 an den Wormser Lederindustriellen Cornelius Wilhelm von Heyl (1843–1923) verkauft und befindet sich seit 1958 im Besitz der Stadt Worms.

Das Herrnsheimer Schloss besteht aus einer hufeisenförmigen Anlage mit barockem Schlossbau mit spätmittelalterlichem Rundturm und Wirtschaftshof mit zugehörigen ehemaligen Ökonomiegebäuden. Das Schlossgebäude stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts umfassend erneuert und umgebaut. Das heutige Aussehen des Schlosses wird vor allem durch die Umgestaltung des Gebäudes im Empire-Stil zwischen 1837 und 1844 geprägt.

An der Ortsseite des unregelmäßiggeschnittenen Schlossplatzes befindet sich eine großzügige Scheune, die von zwei zweigeschossigen Wohngebäuden in einfachen Formen flankiert wird, dem Soldaten und dem Försterbau. Die Gebäude wurden um die Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet und dienten zunächst hauptsächlich der Ökonomie, bevor sie später zu Wohnzwecken umgebaut wurden.
Der unregelmäßige Schlossplatz wird zur Ortsseite hin von einer großzügigen Scheune abgeschlossen, die vom Förster- und dem Soldatenbau flankiert wird.[Bild: Jonathan Bugert]

Die barocken Hofbauten um den unregelmäßig geschnittenen Schlossplatz vor dem Schlossgebäude entstanden um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die großzügige Scheune wird von zwei zweigeschossigen Wohngebäuden in einfachen Formen flankiert, dem Soldaten- und dem Försterbau. Den hinteren Hof schließen die ehemalige Remise, ein Wirtschaftsgebäude mit Unterstand, sowie die Stallung ab. Diese Gebäude wurden Anfang des 19. Jahrhunderts umgebaut.

Daneben grenzt an das Schloss ein Park an. Der ursprünglich barocke Garten wurde Anfang der 1790er Jahre durch den Gartenarchitekten Friedrich Ludwig Sckell (1750–1823) zu einem englischen Landschaftsgarten umgeformt. Der Park wurde nach den Napoleonischen Kriegen durch Johann Michael Zeyher (1770–1843) wiederhergestellt und erweitert. Dabei wurde auch der heutige „Schaukelpark“ westlich des historischen Ortskerns erschlossen und durch eine Brücke mit dem Schlosspark verbunden. Heute sind die beiden Parks durch neugebaute Wohnhäuser voneinander abgetrennt.

Das Herrnsheimer Schloss bildet heute ein eingetragenes Kulturdenkmal und ist neben der Pfarrkirche St. Peter ein ortsbildprägendes Wahrzeichen von Herrnsheim.

3.1.Die Kämmerer von Worms genannt von Dalberg

Wappen der Dalberger an einem Pavillon im Herrnsheimer Schlosspark
Wappen der Dalberger an einem Pavillon im Herrnsheimer Schlosspark[Bild: Jonathan Bugert]

Die Familie der Kämmerer von Worms waren seit dem 12. Jahrhundert Teil der reichsunmittelbaren Ritterschaft. Sie benannten sich nach dem erblichen Amt der Kämmerer des Bischofs von Worms, das sich seit 1239 im Besitz der Familie befand. In Herrnsheim besaßen die Kämmerer von Worms bereits früh Besitzungen und konnten diese immer weiter ausbauen. Im Jahr 1374 erklärten der Schultheiß und die Schöffen von Herrnsheim die Kämmerer von Worms offiziell zu den Herren des Dorfes, der Mark und des Gerichts. Die Kämmerer von Worms wurden damit schon sehr früh zu den urkundlich verbrieften Ortsherren von Herrnsheim.[Anm. 1]

Johann XI. Kämmerer (1345–1415) von Worms gelang es Ende des 14. Jahrhunderts die gesamte Burg und Herrschaft Dalberg in seinen Besitz zu bringen und begründete damit den bekanntesten und am längsten überlebenden Familienzweig der Kämmerer von Worms. Spätestens seine Nachfahren nannten sich daraufhin Kämmerer von Worms genannt von Dalberg oder gekürzt auch einfach von Dalberg.[Anm. 2]

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3.2.Das frühe Schloss in Herrnsheim

Der Rundturm gehört zu den ältesten Teilen des Herrnsheimer Schlosses und wurde um 1560 errichtet. 1843 wurde der Turm um ein drittes Stockwek aufgestockt.
Der Rundturm gehört zu den ältesten Teilen des Schlosses.[Bild: Jonathan Bugert]

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erkoren die Kämmerer von Worms genannt von Dalberg Herrnsheim zu ihrer Residenz. Um 1460 ließen Wolfgang III. von Dalberg (1426–1476) und Philipp I. zu Herrnsheim (1428–1492), die Enkelsöhne von Johann XI., in Herrnsheim ein herrschaftliches Anwesen errichten. Auf den Fundamenten einer bestehenden Wasserburg entstand ein erstes herrschaftliches Schloss, beziehungsweise ein spätmittelalterliches Burghaus. Über diese frühe Anlage ist nur wenig bekannt. Neben einigen Mauerresten insbesondere in den Kellern des Schlosses ist vor allem der heute noch erhaltene Rundturm bis auf das oberste Stockwerk, das 1843 hinzugefügt wurde, diesem spätmittelalterlichen Bau zuzuordnen.

Neben dem heutigen Schloss wurde in Herrnsheim ein zweiter herrschaftlicher Bau errichtet, das „Untere Schloss“ (Untergasse 6/8). In dem heute baulich stark veränderten Komplex haben sich noch einige Reste der Bausubstanz aus dem 16. Jahrhundert erhalten.[Anm. 3]

Das Untere Dalbergschloss wurde durch die zweite Linie der Kämmerer von Worms, die in Herrnsheim siedelten bewohnt. Der Komplex entstand im 16. Jahrhundert und wurd e bis heute baulich stark verändert. Auf der Straßenseite des giebelständigen zweigeschossigen Wohnhauses ist eine ekce mit Renaissancebuckelquaderung verziert. Auf der Hofseite befindet sich ein mehreckiger Treppenturm.
Das Untere Schloss in der Untergasse 6/8 heute.[Bild: Jonathan Bugert]

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3.1.Das Schloss nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg

Der sogenannte „Kronenbau“ ist der Gutshof des Herrnsheimer Schlosses . Das barocke Hofanwesen verfügt teilweise über Fachwerk und ein Walmdach. Das Gebäude wurde im Kern um 1600 errichtet und im 18. Jahrhundert baulich verändert. Die Toreinfahrt ist mit der Jahreszahl 1708 bezeichnet. Die Bruchsteinscheune stammt aus dem 18. Jahrhundert.
Der sogenannte "Kronenbau" war der Gutshof des Schlosses.[Bild: Jonathan Bugert]

Im Jahr 1688 brach der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688–1697) aus, in dessen Verlauf Herrnsheim 1689 durch französische Truppen gebrandschatzt wurde. Auch das Herrnsheimer Schloss wurde dabei zerstört.

Wolfgang Eberhard II. von Dalberg (1679–1737) machte sich nach dem Ende des Krieges an die Wiederherstellung des Schlosses. Neben der Wiederherstellung des Wirtschaftshofes plante der Bauherr vor allem den Umbau des Hauptgebäudes, der als repräsentativer Wohnsitz seiner Familie dienen sollte. Der Gutshof, der sogenannte Kronenbau, befindet sich östlich des Einfahrtstores und wurde im Kern ursprünglich im späten 17. Jahrhundert errichtet, bevor er Anfang des 18. Jahrhunderts in großem Umfang wiederhergestellt wurde.

Ab 1711 begann der Umbau des Schlosses in barocken Formen unter der Leitung des Architekten Johann Kaspar Herwarthel (1675–1720). Das Schloss erhielt einen 34m langen Sandsteinsockel mit Karnies, einem Schmuckgesims mit s-förmigem Querschnitt, der noch heute an der südlichen Rampe erhalten ist. Zwei Ölmalereien aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die ursprünglich als Supraporten, Gemälde oberhalb von Portalen, des Älteren Dalberger Hofes in Mainz genutzt wurden, zeigen das Schloss. Das Schloss verfügte demnach über zwei hohe Geschosse, die durch ein kräftiges Kaffgesims abgesetzt waren, sowie ein steiles, schiefergedecktes Satteldach mit mehreren Gaubenreihen. [Anm. 4]

Allianzwappen Dalberg-Eltz an der Scheune des Herrnsheimer Schlosses.
Allianzwappen Dalberg-Eltz an der Scheune des Herrnsheimer Schlosses.[Bild: Jonathan Bugert]

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden die Wirtschaftsgebäude, die den unregelmäßigen Schlosshof umgeben. Die großzügige Scheune gegenüber des Schlossgebäudes verfügt über zwei rundbogige Einfahrtstore in deren Mitte sich das Allianzwappen Dalberg-Eltz befindet. Dieses deutet auf die Bauzeit der Gebäude unter dem Sohn Wolfgang Eberhards, Franz Heinrich von Dalberg (1716–1776) hin, der 1743 Maria Sophie von Eltz-Kempenich heiratete. Diese Scheune wird von zwei zweigeschossigen Wohngebäuden in einfachen Formen flankiert, dem Soldaten- und dem Försterbau. Ursprünglich befanden sich wohl nur im Nordteil des Försterbaus bewohnbare Räume, während die anderen Gebäude der Ökonomie dienten. Ein Umbau des Soldatenflügels zu Wohnzwecken wird erst deutlich später angenommen. [Anm. 5]

Wolfgang Heribert von Dalberg (1750–1806)
Wolfgang Heribert von Dalberg (1750–1806)[Bild: Theatermuseum Wien [CC BY-NC-SA 4.0]]

Nach dem Tod Franz Heinrichs 1776 wurde das Herrnsheimer Schloss von seinem Sohn Wolfgang Heribert (1750–1806) übernommen, der vor allem als Intendant des Mannheimer Nationaltheaters bekannt wurde. Der in Mannheim ansässige Wolfgang Heribert hatte maßgeblich die Umgestaltung des barocken Schlossparks zu verantworten. Er ließ den Park 1788 durch den renommierten Gartenarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell (1750–1823) als englischen Landschaftsgarten umgestalten. Dabei wurde auch der sogenannte Schillerturm, ein Überrest der spätmittelalterlichen Ortsbefestigung, romantisierend neugestaltet und in die Gestaltung des Parks miteinbezogen. Gleichzeitig wurde auch die Herrnsheimer Hauptstraße, die direkt am Schloss vorbei weiter nach Osthofen führte und dabei das Schloss vom größten Teil des Parks abtrennte, aus dem Park entfernt.

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Der Herrnsheimer Schlosspark wurde Anfang der 1790er Jahre durch den Gartenarchitekten Friederich Ludwig Sckell zu einem englischen Landschaftsgarten umgeformt. Nach den Napoleonischen Kriegen wurde der Park durch Johann Michael Zeyher wiederhergestellt und erweitert.
Der Schlosspark wurde 1788 durch den Gartenarchitekten Friedrich Ludwig Sckell (1750–1823) zu einem englischen Landschaftsgarten umgestaltet.[Bild: Jonathan Bugert]

0.1.Das Schloss im Nachgang der Französischen Revolution 1789

Die Französische Revolution 1789 änderte die europäischen Verhältnisse schlagartig. Im April 1792 erklärte Frankreich Österreich den Krieg, das sich mit Preußen und anderen deutschen Staaten verbündete, was zum Ausbruch des Ersten Koalitionskrieges (1792–1797) führte. Im September rückten französische Truppen auf das linksrheinische Gebiet vor und nahmen am 4. Oktober Worms und die umliegenden Ortschaften ein. In der Folge verbreitete sich das Gerücht, dass das Herrnsheimer Schloss komplett zerstört worden sei, was sich jedoch als Fehlmeldung entpuppte, zumal sogar größere Plünderungen nicht belegt werden können.

Der von Sckell angelegte Garten dürfte dagegen sehr in Mitleidenschaft gezogen worden sein. So verlegten die französische Armee den Weg nach Osthofen kurzerhand wieder durch den Schlosspark und führten auch den Weg nach Abenheim dort hindurch, um die Verbindung mit Truppen und Fuhrwerken bequemer nutzen zu können. Allgemein wurden Herrnsheim und die dortigen Besitzungen für die Dalberger unerreichbar und es drohte ihr vollständiger Verlust und dadurch große Einnahmenverluste. [Anm. 6]

Portrait von Emmerich Joseph von Dalberg (1773–1833)
Portrait von Emmerich Joseph von Dalberg (1773–1833)[Bild: Public Domain]

Nach dem Ende des Ersten Koalitionskrieges 1797 gelang es Wolfgang Heribert zwar wieder als Eigentümer anerkannt zu werden, doch hatte er das Interesse am Schloss verloren und erwog sogar dessen Verkauf. 1802/03 übertrug er die Verwaltung an seinen Sohn Emmerich Joseph (1773–1833), der die Herrnsheimer Güter nach dem Tod seines Vaters 1806 erbte.

Emmerich Joseph war ab 1803 als diplomatischer Gesandter in Paris tätig und trat ab 1810 in französische Dienste ein. Dafür wurde er von Napoleon reich beschenkt und erhielt unter anderem einen Herzogtitel. Emmerich Joseph war während der Napoleonischen Ära ein enger Vertrauter des französischen Außenministers Charles-Maurice de Talleyrand Périgord (1754–1838).

Bereits ab 1809 gab Emmerich Joseph die Wiederherstellung und den Umbau des Herrnsheimer Schlosses in Auftrag. In zwei Bauphasen, von 1809 bis 1815 und von 1820 bis 1825, wurden sowohl der Außenbereich als auch der Innenraum des Schlosses restauriert und renoviert.

Der hintere Schlosshof wird durch die ehemalige Remise, einem Wirtschaftsgebäude mit Unterstand, sowie der Stallung abgeschlossen. Die Gebäude wurden Anfang des 19. Jahrhunderts umgebaut.
Der hintere Schlosshof wird durch die ehemalige Remise, einem Wirtschaftsgebäude mit Unterstand, sowie der Stallung abgeschlossen. Die Gebäude wurden Anfang des 19. Jahrhunderts umgebaut.[Bild: Jonathan Bugert]

Die Leitung der Arbeiten übernahm der Architekt Jakob Friedrich Dyckerhoff (1774–1845). Bei der Wiederherstellung standen zunächst erneut die Wirtschaftsgebäude im Vordergrund, sodass der Kronenbau um 1810 erneuert und erweitert wurde. Auch die Remise und die Stallungen, die das nördliche Ende des Schlosshofes abschließen, wurden in dieser Phase umgebaut. Die schräggestellte antikisierende Orangerie, die heute zusammen mit dem Schlossgebäude den Zugang zum Park flankiert, entstand 1812 und ist damit ebenfalls dieser Bauphase zuzuordnen.

Die schräggestellte antikisierende Orangerie, die heute zusammen mit dem Schlossgebäude den Zugang zum Schlosspark von der Ortsseite flankiert, entstand 1812.
Die schräggestellte Orangerie flankiert heute zusammen mit dem Schlossgebäude den Zugang zum Park.[Bild: Jonathan Bugert]

Der Storchenturm wird auf das Jahr 1472 datiert und ist ein Überrest der spätmittelalterlichen Dorfbefestigung. Er wurde ab 1820 in gotischen Formen wiederhergestellt und umgebaut. er ist benannt nach den Störchen die jahrelang auf dem Turm brüteten.
Der Storchenturm wird auf das Jahr 1472 datiert und ist ein Überrest der spätmittelalterlichen Dorfbefestigung. Er wurde ab 1820 in gotischen Formen wiederhergestellt und umgebaut. er ist benannt nach den Störchen die jahrelang auf dem Turm brüteten.[Bild: Jonathan Bugert]

Gleichzeitig wurde auch der Schlosspark erneuert. Friedrich Ludwig von Sckell war zu diesem Zeitpunkt bereits in München tätig und stand für diese Arbeiten nicht mehr zur Verfügung, weshalb Johann Michael Zeyher (1770–1843) für das Projekt gewonnen wurde. In der Folge wurde der Schlosspark wiederhergestellt, wobei unter anderem die Straße wieder aus dem Park verbannt wurde. Der Park wurde bedeutend erweitert und umfasste nun zusätzlich das nördliche, spitz zulaufende Gebiet, wo die beiden Landstraßen nach Osthofen zusammentrafen sowie den heute als Schaukelpark bekannten Garten westlich des historischen Ortskerns mit dem Storchenturm. Der Schlosspark wurde von dem neuen Teil um den Storchenturm zu diesem Zeitpunkt nur durch die nach Westen führende Straße am Pariser Tor getrennt. Etwas später wurden die beiden Parkteile durch eine Brücke verbunden, die heute nicht mehr vorhanden ist. [Anm. 7]

Der Herrnsheimer Schlosspark wurde Anfang der 1790er Jahre durch den Gartenarchitekten Friederich Ludwig Sckell zu einem englischen Landschaftsgarten umgeformt. Nach den Napoleonischen Kriegen wurde der Park durch Johann Michael Zeyher wiederhergestellt und erweitert.
Der Schlosspark wurde nach den Koalitionskriegen unter der Leitung Johann Michael Zeyhers wiederhergestellt und erweitert.[Bild: Jonathan Bugert]

Parallel dazu wurde auch das Schloss restauriert und umgebaut, wobei noch viel barocke Bausubstanz erhalten blieb. Vor allem die hochbarock ausgeformten Fenstergewände wurden jedoch als nicht mehr zeitgemäß eingeschätzt und flach umgeformt. Gleichzeitig wurde auch die Eingangstür mit Außentreppe versetzt und die zweiläufige geschwungene Treppenanlage durch eine neue rechtwinklige Treppe ersetzt. Dies machte wiederum auch im Innenraum größere Umbaumaßnahmen notwendig. So führte die neue Haustür in ein zweigeschossiges halbrundes Treppenhaus mit dorischen Säulen in den zwei Geschossen. Gleichzeitig erhielt das Schloss weitere Innenrenovierungen und erhielt eine zeitgemäße Ausstattung im Empire-Stil. Im spätmittelalterlichen Rundturm wurde nun die Bibliothek des Herzogs eingerichtet.

Das Ende der Napoleonischen Ära löste große politische Turbulenzen aus, die das Bauwesen in Herrnsheim zunächst behinderten und schließlich zum Stillstand brachten. Die Niederlage der Franzosen bei der Völkerschlacht bei Leipzig im Herbst 1813 führte zum Rückzug der französischen Truppen und brachte erneut Kriegshandlungen an den Rhein. 1815 schließlich verschlechterte sich die Lage so weit, dass die wertvollsten Möbel des Schlosses nach Mannheim in Sicherheit gebracht wurden.  

Nach der Verbannung Napoleons auf die Insel Elba 1814 wurde Emmerich Joseph Teil der provisorischen Regierung unter Talleyrand, die die Restauration der Bourbonen in die Wege leiten sollte. Als Napoleon im März 1815 aus seinem Exil zurückkehrte, ließ Emmerich Joseph alle linksrheinischen Güter und damit auch das Herrnsheimer Schloss auf seine Mutter Elisabeth von Dieburg (1751–1816) umschreiben, um sie so dem Zugriff Napoleons zu entziehen. Erst nach der zweiten Restauration der Bourbonen und Napoleons endgültiger Verbannung nach St. Helena 1816 wurde der Vertrag wieder rückgängig gemacht. Emmerich Joseph war zusammen mit Talleyrand auch als Vertreter Frankreichs auf dem Wiener Kongress 1814/15.

In der Folge dauerte es jedoch noch einige Zeit, bis die Renovierung des Schlosses wiederaufgenommen wurde. Spätestens nach dem Rückzug Emmerich Josephs aus der Politik 1820 wurde der Bau jedoch weiter vorangetrieben. Bis 1825 konnte diese zweite Bauphase schließlich abgeschlossen werden. Emmerich Joseph wohnte bis zu seinem Tod 1833 im Herrnsheimer Schloss. [Anm. 8]


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0.1.Umbau unter Maria Luise von Dalberg (1813–1860)

Das Schlossgebäude stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts umfassend erneuert und umgebaut. Das heutige Aussehen des Schlosses wird vor allem durch die Umgestaltung des Gebäudes im Empire-Stil zwischen 1837 und 1844 geprägt.
Das Herrnsheimer Schloss erhielt sein heutiges Aussehen maßgeblich durch die Umbauarbeiten unter Maria Luise von Dalberg[Bild: Jonathan Bugert]

Mit dem Tod Emmerich Josephs 1833 endete die direkte männliche Linie der Herren von Dalberg und das Schloss ging an seine Tochter Marie Luise (1813–1860). Marie Luise, verheiratete Lady (Dalberg-)Acton, ließ nach wenigen Jahren das Herrnsheimer Schloss nach den Plänen des hessischen Provinzialbaumeisters Ignaz Opfermann (1799–1866) vollständig umgestalten und erweitern. Aus dem Hauptgebäude sollte ein stattliches Schlossgebäude entstehen, dass dem Rang der Adelsfamilie entsprach.

Das Gebäude wurde im Empire-Stil umgebaut und vergrößert. So erhielt sowohl das Hauptgebäude als auch der westliche Querbau ein zusätzliches Mezzaningeschoss. Anstelle des bisherigen steilen Daches entstand ein sehr flaches Walmdach mit weitem, geschmückten Dachüberstand. Anstelle der doppelläufigen Freitreppen wurde eine dreiseitig umlaufende Terrasse errichtet, zu der jeweils eine breite Treppe mit abgetreppten Wangen zum Hof und zum Garten führten. Damit erhielt das Schloss einen direkten Zugang zum Park, den es zuvor noch nicht gegeben hatte. Die Hoffassade wurde symmetrisch gegliedert und erhielt dreifenstrige Risalite, flache Abschnitte, die der Fassade des Gebäudes leicht vorgelagert sind. Für die angestrebte Symmetrie musste auf der Hofseite auch ein Fenster zu einer zweiten, eigentlich nicht notwendigen, Eingangstür umgebaut werden, die zu einem Vorraum der neuen Schlosskapelle führte.

Der Umbau stockte Mitte des Jahres 1843, da ein Streit zwischen Marie Luise, mittlerweile verwitwete Lady Acton und seit 1840 Lady Leveson-Grower, und Architekt Opfermann ausbrach. Opfermann wurde dabei vorgeworfen, die tatsächlichen Kosten des Umbaus nicht klar kommuniziert zu haben, weder Pläne noch abgeschlossene Verträge an die Verwaltung geschickt zu haben sowie dem Bau im Allgemeinen nicht die Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, die erwartet werden konnte. Der darauffolgende Prozess zog sich noch lange nach dem Abschluss der Bauvorhaben hin und wurde erst um den Jahreswechsel 1844/45 mit einem Vergleich gelöst.

Das Schlossgebäude stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts umfassend erneuert und umgebaut. Das heutige Aussehen des Schlosses wird vor allem durch die Umgestaltung des Gebäudes im Empire-Stil zwischen 1837 und 1844 geprägt.
Das Herrnsheimer Schloss von der Parkseite mit dem erhöhten Rundturm[Bild: Jonathan Bugert]

Der Umbau des Schlosses wurde währenddessen unter der Leitung des jungen Baumeisters Ludwig Droste (1814–1875) fortgesetzt und zu Ende gebracht. Die meisten Stuckarbeiten, Parkettböden, Malereien und gusseiserne Verzierungen wurden in dieser Zeit im Schloss eingebaut. In dieser Phase wurde auch der Bibliotheksturm erhöht. Der Turm erhielt ein drittes Stockwerk mit Doppelfenstern sowie zwei neue Austrittsbalkone im mittleren Stockwerk. Im Inneren wurde eine gusseiserne Wendeltreppe angebracht, um die Stockwerke des Turms miteinander zu verbinden. Das neue Stockwerk diente dabei allerdings nicht der Bibliothekserweiterung, sondern wurde wahrscheinlich zur Aussicht über den Park und die umliegende Landschaft gebaut. Daneben blieben die Umbauarbeiten in der Bibliothek überschaubar, sodass vor allem in diesem Bereich noch wichtige Partien aus dem Umbau Emmerich Josephs erhalten sind. Die umfassenden Bauarbeiten am Herrnsheimer Schloss konnten 1844 schließlich abgeschlossen werden.[Anm. 9]

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0.1.Die weitere Geschichte des Schlosse bis heute

Wappen der Freiherren von Heyl an einem Pavillon im Herrnsheimer Schlosspark
Wappen der Freiherren von Heyl an einem Pavillon im Herrnsheimer Schlosspark[Bild: Jonathan Bugert]

Marie Luise starb 1860 und das Herrnsheimer Schloss ging an ihren Sohn aus erster Ehe John Emmerich Edward Dalberg-Acton (1834–1902). Dieser verkaufte das Anwesen 1883 an den Wormser Lederindustriellen Cornelius Wilhelm Heyl (1843–1923), was den Aufstieg der Familie Heyl in adelsähnliche Strukturen markierte. Im März 1886 wurde Cornelius Wilhelm zusammen mit seinem Bruder Maximilian (1844–1925) von Großherzog Ludwig IV. (1837–1892) in den Freiherrenstand erhoben und nannte sich fortan von Heyl zu Herrnsheim. Auch in der Wahl seines Wappens orientierte sich Heyl an der Familie von Dalberg und vereinte die Dalberger Lilien mit dem Wormser Schlüssel. In der Folge wurde von Heyl großer Spender und Wohltäter für die Herrnsheimer Gemeinde, investierte große Summen und siedelte viele Arbeiter seiner Lederwerke in der Gemeinde an.

Das Herrnsheimer Schloss überstand die Weltkriege ohne größere Schäden und konnte, wie der Ort selbst auch, den schlimmsten Auswirkungen entgehen. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) wurde im Schloss für einige Zeit ein Lazarett eingerichtet. Danach richtete sich zunächst das amerikanische Militär und schließlich die französische Armee im Herrnsheimer Schloss ein. [Anm. 10]

Im Herbst 1946 wurde das Schloss von der französischen Militärregierung freigegeben, um dort die rückgeführten Kunstgegenstände und große Teile der Kunstsammlung des Heylshofes unterzubringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der Industrieadel der Familie von Heyl das Schloss jedoch nicht mehr halten. Die örtliche Präsenz der Familie fand spätestens mit dem Tod Cornelius Wilhelm Karls (1974–1954) ihr Ende. Das Schloss wurde 1958 für 325.000 DM an die Stadt Worms verkauft, die es zuvor bereits für Kunstausstellungen und andere Veranstaltungen genutzt hatte.[Anm. 11]

Das Herrnsheimer Schloss wurde 1981/82 umfangreich renoviert. Seit 2021 ist das Schloss aufgrund umfassender Sanierungsarbeiten nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich. Der Schlosspark ist jedoch frei zugänglich und dient der Herrnsheimer Bevölkerung als Naherholungsgebiet.

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Blick auf das Herrnsheimer Schloss vom Schlosspark. Links sieht man den Kirchturm der Pfarrkirche St. Peter.
Blick auf das Herrnsheimer Schloss aus dem Schlosspark; links der Kirchturm der Pfarrkirche St. Peter[Bild: Jonathan Bugert]

Nachweise

Verwendete Literatur:

 

  • Breuer, Jürgen: Ausbau der Ortsherrschaft und Ortsbefestigung am Beispiel von Herrnsheim. In: Herrnsheimer Chronik: Beiträge zur Kulturgeschichte von Adel, Kirche und Bürgertum. Hrsg. vom Heimatkreis Worms-Herrnsheim e.V. Worms-Herrnsheim 2007. S. 13–18.
  • Bönnen, Gerold: Die Familie von Heyl und ihr Wirken. Besitz und Bauten, Stiftungen und Künstlerkontakte der Familie. In: Die Wormser Industriellenfamilie von Heyl: öffentliches und privates Wirken zwischen Bürgertum und Adel. Hrsg. von Gerold Bönnen und Ferdinand Werner. Worms 2010. S. 101–131.
  • Bönnen, Gerold: Herrnsheim und die Familie (von) Heyl. 1883–1958. In: 1250 Jahre Herrnsheim: 771–2021. Hrsg. vom Büro des Ortsvorstehers Worms-Herrnsheim. Worms-Herrnsheim 2021. S. 46–62.
  • Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler. Kreisfreie Stadt Worms. Stand Juni 2023. URL: https://gdke.rlp.de/wer-wir-sind/landesdenkmalpflege/anleitungen-antraege-formulare-und-informationen/denkmalliste (aufgerufen am: 22.02.2024).
  • Illert, Georg: Schloss Herrnsheim. München 1964.
  • Sander, Georg: Schloss Herrnsheim bei Worms – ein Streifzug durch die Geschichte. In: Herrnsheim 771–1971. Landschaft – Geschichte – Politik – Kultur. Hrsg. von Otto Bardong. Worms 1971. S. 105–115.; auch abgedruckt In: Herrnsheimer Chronik: Beiträge zur Kulturgeschichte von Adel, Kirche und Bürgertum. Hrsg. vom Heimatkreis Worms-Herrnsheim e.V. Worms-Herrnsheim 2007. S. 19–28.
  • Spille, Irene: Herrnsheim. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Bd. 10. Stadt Worms. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Unter Mitarbeit von Irene Spiller. Worms 1992. S. 198–217.
  • Werner, Ferdinand: Schloss Herrnsheim. In: Die Wormser Industriellenfamilie von Heyl: öffentliches und privates Wirken zwischen Bürgertum und Adel. Hrsg. von Gerold Bönnen und Ferdinand Werner. Worms 2010. S. 238–239.
  • Werner, Ferdinand: Schloss und Park in Herrnsheim. In: Der Wormsgau 35 (2019), S. 83–184.

Anmerkungen:

  1. Vgl. Bardong Orts- und Pfarrgeschichte, S. 43–59.  Zurück
  2. Bekannt ist die Linie der Dalberger auch durch das protokollarische Vorrecht, im Rahmen der Krönung des deutschen Königs als erste zum Reichsritter geschlagen zu werden. Bevor der Kaiser die Ritterschläge erteilte, fragte der Reichsherold demnach, ob ein Anwärter aus der Familie Dalberg anwesend sei, woraus sich die Redensart „Ist kein Dalberg da?“ entwickelte. Erstmals soll 1452 ein Mitglied der Dalberger bei der Kaiserkrönung Friedrich III. (1415–1493) zum Ritter geschlagen worden sein. Urkundlich verbrieft wurde dieses Vorrecht erstmals 1494 durch König Maximilian I. (1459–1519) und wurde von seinen Nachfolgern immer wieder bestätigt.  Zurück
  3. Vgl. Werner 2019, S. 91; Generaldirektion Kulturelles Erbe: Denkmalliste RLP. Stadt Worms. Stand 2023. S. 24.  Zurück
  4. Vgl. Sander 1971 (2007), S. 19–20.  Zurück
  5. Vgl. Werner 2019, S. 88.  Zurück
  6. Vgl. Werner 2019, S. 100–101.  Zurück
  7. Vgl. Werner 2019, S. 152–154.  Zurück
  8. Vgl. Werner 2019, S. 101–105.  Zurück
  9. Vgl. Werner 2019, S. 116–128.  Zurück
  10. Vgl. Spille 1992. S. 204–206; Breuer 2007. S. 18.  Zurück
  11. Vgl. Bönnen 2010, S. 109–110; Bönnen 2021. S. 54–57. Zurück