Wallertheim in Rheinhessen

Der ehemalige evangelische Pfarrhof

STATION 7

Der ehemalige Evangelische Pfarrhof (bis 2020) ist ein mit der Schmalseite zur Steggasse hin stehender fünfachsiger ländlich-barocker Bau, der durch eine Fußgängerpforte und eine stattliche rundbogige Einfahrt von der Straße aus zugänglich ist. Er steht an der Stelle eines älteren, 1727 abgebrochenen Pfarrhauses aus dem Mittelalter. Der Schlussstein des Bogens trägt die Inschrift PFARR / HOFF-LAST / JOH HENR / KOEST 1729, über der Eingangstür zum Hof hin steht 1727. Von den Nebengebäuden ist noch ein kleines Haus erhalten, das ebenfalls bis 2020 als Eine-Welt-Laden diente.

Der auf dem Schlussstein genannte Johann Heinrich Köster war seit 1692 Pfarrer in Wallertheim und wird von einem seiner Nachfolger, Pfarrer Ludwig Weisel, mit den Worten geehrt: „Mit ihm fängt die ordentliche Buchführung an“.

Mehrere Generationen hintereinander stellte die Familie Köster die evangelischen Wallertheimer Pfarrer. Der letzte von ihnen, Heinrich Martin Gottfried Köster, zuletzt Professor für Geschichte und Kirchengeschichte in Gießen,  gab ab 1778 beim Verlag Varrentrapp (Sohn) und Wenner in Frankfurt am Main die Deutsche Encyclopädie heraus. Sie ist das erste deutschsprachige Nachschlagewerk, das den Namen Enzyklopädie im Titel trägt und somit ein Urahn von „Brockhaus“ und „Wikipedia“! 

Die Pfarrerdynastie Köster in Wallertheim

J. H. Köster wurde am 20. Oktober 1667 als Sohn des Pfarrers Johann Dietrich Köster in Wallertheim geboren. Sein Vater war in der Pestzeit 1666 in Wallertheim ebenfalls Pfarrer und Lehrer gewesen. Später wurde er nach Eckelsheim und Gumbsheim versetzt, wo er 21 Jahre Pfarrer war. Er starb am 2. Februar 1695 und ist in Gosselsheim begraben worden. Er hatte zwei weitere Söhne, nämlich Johannes Lamentius Köster, Pfarrer zu Dolgesheim, und Johann Dietrich Köster, Pfarrer zu Eckelsheim.

J. H. Köster war 53 seiner 56 Dienstjahre Pfarrer in Wallertheim (die ersten drei Jahre war er Pfarrer in Badenheim). Gestorben ist er am 8. Dezember 1745 im Alter von 78 Jahren. Verheiratet war er 53 Jahre lang mit der Pfarrerstochter Maria Katharina geb. Werborn. Er hatte mit ihr 9 Söhne und 3 Töchter. 1742 konnte er ein doppeltes Jubiläum feiern: Goldene Hochzeit und 50 Jahre im Dienste der Kirche. Er hatte auch 2 Brüder.

Nur drei Söhne haben den Vater überlebt: Georg Clemens, Pfarrer zu Guntersblum, Philipp Christian Ludwig Köster, Lic. utr. jur., kurfürstlich-pfälzischer Konsistorial- und Gerichtsrat zu Mannheim, sowie Johannes Köster, Nachfolger seines Vaters in Wallertheim.

J. H. Köster hat sich verdient gemacht durch Wiederherstellung von Kirche, Pfarrhaus und Schule. Im Jahre 1700 fand die Grundsteinlegung zur Kirche statt, 1709 die zur Schule und am 2. Mai 1727 schließlich die zum Pfarrhaus.

6 Söhne durfte er studieren sehen, darunter Johann Georg Köster, Pfarrer zu Bad Kreuznach sowie Christian Dietrich Köster, Pfarrer und Rektor in Mannheim. Johann Georg und sein Vater sind in der (damaligen) Wallertheimer Kirche vor dem Altar begraben worden. (aus WHZ 1926 (9))

Der Sohn Johannes Köster war das zweitjüngste Kind, geboren am 26. März 1709 in Wallertheim und verheiratet mit Maria Margareta geb. Trautmann aus Zweibrücken. Seit 1736 vertrat er den Vater im Pfarrdienst. Dessen Nachfolger wurde er 1745. Er starb am 1. April 1753 und wurde in der Kirche beigesetzt. Er hatte 5 Töchter und 2 Söhne, von denen einer Kaufmann in Heidelberg wurde.

Nächster Pfarrer in Wallertheim wurde Heinrich Martin Gottfried Köster, Neffe des vorigen und Pfarrersohn aus Guntersblum. Pfarrer in Wallertheim wurde er 1755, er war verheiratet mit Marie Margarete geb. Klemm, Tochter des Landeshauptmannes in Niederkleen im Nassau-Weilburgischen. Die Hochzeit fand 1756 in Guntersblum statt. Er ging von hier nach Weilburg als Rektor des Gymnasiums, wurde dann Professor der Geschichte und Kirchengeschichte in Gießen. Dort starb er im Jahre 1802. (aus WHZ 1926 (11))

Name

Lebensdaten

Pfarrer in Wallertheim

Johann Dietrich Köster

+2. 2. 1695

…1666…

Johann Heinrich Köster

20. 10. 1662 – 8. 12. 1745

1692 - 1745

Johannes Köster

26. 3. 1709 – 1. 4. 1753

1745 - 1753

Heinrich Martin Gottfried Köster

1734 - 1802

1755 -

Prof. Heinrich Martin Gottfried Köster gab ab 1778 beim Verlag Varrentrapp (Sohn) und Wenner in Frankfurt am Main die Deutsche Encyclopädie (Deutsche Encyclopädie oder allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften) heraus, meist kurz „Frankfurter Enzyklopädie“ genannt. Johann Friedrich Roos löste ihn als Herausgeber ab Band 18 ab. Obwohl die ursprünglich auf 12 Bände ausgelegte Enzyklopädie auf bio- und geografische Artikel verzichtete, ist sie unvollendet geblieben und umfasst 23 Bände (A–Ky), von denen der letzte Band 1804 erschien. Sie ist das erste deutschsprachige Nachschlagewerk, das den Namen Enzyklopädie im Titel trägt, somit ein Urahn von „Brockhaus“ und „Wikipedia“!