Rheinhessen

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gebacken

Karte 49: gebacken. Drenda, Georg: Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, S. 118.[Bild: Georg Drenda (IGL)]

Im Standarddeutschen setzt sich das Partizip II (Mittelwort der Vergangenheit) eines einfachen Verbs (Zeitworts) aus drei Teilen zusammen: 1. dem Präfix (Vorsilbe) ge-, 2. dem Wortstamm und 3. der Endung. Die Endung ist bei den starken (unregelmäßigen) Verben ‑en, z. B. ge‑lauf‑en, ge‑sung‑en, bei den schwachen (regelmäßigen) Verben hingegen ‑t oder, wenn der Stamm auf d oder t endet, ‑et, z. B. ge‑mach‑t, gekleidet, ge‑leit‑et.

Gegenstand der Karte sind die drei Segmente des Partizips II gebacken, wobei besonderes Augenmerk auf die Endung gerichtet wird. Beginnen wir mit dem Präfix. Im Norden des Moselfränkischen, wo g am Wortanfang zu j wird (vgl. z. B. Jawel ‘Gabel’, Jlas ‘Glas’) lautet die Vorsilbe je‑, z. B. jebacke, jebaach. Ansonsten ist ge‑ belegt, z. B. geback, gebackt. Die rote Linie in der Karte zeigt den Verlauf der j/g-Grenze. Sie gilt für alle Fälle mit g am Wortanfang vor Vokal. Das Gebiet, in dem g zu j wird, setzt sich ins Ripuarische fort. Auch zahlreiche Dialekte des Niederdeutschen sowie Teile des Thüringischen und Obersächsischen weisen diese Lautentwicklung auf.

Der Wortstamm ist mit zwei Typen vertreten. Der eine weist k am Ende auf (‑back‑, ‑bock‑, ‑baak‑), der andere ch (‑baach‑; die Grundform lautet in diesem Fall baachen). Die Typen repräsentieren zwei historische Varianten. Das Mittelhochdeutsche hat die Infinitive (Grundformen) backen und bachen, die aus althochdeutsch backan beziehungsweise bahhan entstanden sind. Den althochdeutschen Wortstämmen geht im ersten Fall germanisch *bakk‑ und im zweiten germanisch *bak‑ voraus. Im Zuge der zweiten Lautverschiebung wurde aus germanisch k nach Vokal mittelhochdeutsch, neuhochdeutsch ch (vgl. hierzu ausführlicher die Einführung). Germanisch *bak‑ führt also über althochdeutsch bahh‑ zu mittelhochdeutsch bach‑. Der Wortstamm baach‑ der moselfränkischen Dialekte ist dieser Entwicklung zuzuordnen. Die germanische Geminate (Doppelkonsonant) kk hingegen wurde nur in Teilen des Oberdeutschen verschoben, und zwar zu kch (ch ist hier wie in Dach auszusprechen), vgl. etwa truckche ‘trocken’ in Südösterreich. Im übrigen hochdeutschen Sprachraum entspricht germanisch kk der Lautwert k. Auf die germanische Form *bakk‑ gehen also in unseren Dialekten die Belege mit k (geback usw.) zurück. Der Vokal des Wortstamms ist in der Südpfalz zu o „verdumpft“ (‑bock‑), im Westen liegt er gedehnt (‑baak‑, ‑baach‑) vor.

Betrachten wir nun die Endung von gebacken. Den größten Teil unseres Dialektraums nehmen endungslose Formen ein, also jeback, gebaach, geback usw. Varianten mit der Endung ‑e (jebacke, gebacke, gebocke), die im Norden und Osten vorkommen, stellen starke Partizipien dar, wie dies auch das standardsprachliche gebacken ist. In den Dialekten fällt jedoch n am Ende ab, vgl. auch wachse ‘wachsen’, Bettche ‘Bettchen’ usw. Zwischen Untermosel und Ahr sowie in der südlichen Hälfte des Kartenausschnitts ist schwaches Partizip belegt, also mit der Endung ‑t: jebackt, gebackt, gebaakt. Das Verb backen gehört hier, anders als im Standarddeutschen zu der Klasse der schwachen Verben.

Literaturverzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur finden Sie hier (Literaturverzeichnis).

Hinweise zu den Karten

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Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Stuttgart.

Zitierhinweis

[Begriff] (Kartennummer), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, < URL >, abgerufen am TT.MM.JJJJ.

z.B.: suchen (Karte 37), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, <https://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/sprache/dialektatlas-rlp-saar/begriffe-dialektatlas-rlp-saar/lautkarten/suchen.html>, abgerufen am 01.01.2022.