Worms in Rheinhessen

0.Die Herrnsheimer Ortsbefestigung

Verfasser: Jonathan Bugert M.A.

Erstellt am: 22.02.2024

Der Storchenturm wird auf das Jahr 1472 datiert und ist ein Überrest der spätmittelalterlichen Dorfbefestigung. Er wurde ab 1820 in gotischen Formen wiederhergestellt und umgebaut. er ist benannt nach den Störchen die jahrelang auf dem Turm brüteten.
Der Storchenturm im "Schaukelpark"; rechts Überreste der Bruchsteinmauer der Ortsbefestigung.[Bild: Jonathan Bugert]

Die spätmittelalterliche Ortsbefestigung in Herrnsheim ist bis heute an mehreren Stellen noch gut erhalten und kann um den historischen Ortskern deutlich nachvollzogen werden. Die Befestigung ist erstmals 1445 urkundlich belegt, als der Graben um den Ort erneuert wurde. Damit muss der Ort bereits zuvor befestigt gewesen sein. Die Überreste der Herrnsheimer Ortsbefestigung sind heute ein eingetragenes Kulturdenkmal des Ortes.

Die Befestigung bestand im Spätmittelalter aus einer Fleckenmauer, die aus Bruchsteinen gefertigt war und über mehrere Türme verfügte. Dazu kam ein vorgelagerter Graben, der wie die Mauer das gesamte Dorfgebiet umgab. Der Ort war durch mehrere Tore zugänglich. Im Süden der Herrnsheimer Hauptstraße befand sich das sogenannte Wormser Tor, im Osten das Untertor und im Westen das Peterstor oder Gautor, das ab dem 19. Jahrhundert auch als Pariser Tor überliefert ist. Im Norden des Ortes befand sich ab 1460 das Herrnsheimer Schloss der Kämmerer von Worms genannt von Dalberg, das über ein eigenes Tor verfügte. Die Herrnsheimer Hauptstraße führte bis zur Umgestaltung des Schlossparks 1789 direkt am Schloss vorbei weiter nach Osthofen.

Die Bruchsteine der Fleckenmauer sind heute noch stellenweise sichtbar erhalten. Vor allem im Bereich des „Schaukelparks“ westlich des historischen Ortskerns, kann der Verlauf der alten Mauer noch gut nachvollzogen werden. Wo die Mauer in die Bebauung eingebunden wurde, ist sie heute noch gut erhalten. So lässt sie sich häufig als Rückwand von Scheunen einiger Anwesen in Herrnsheim feststellen. Die Mauer ist vor allem auf den Rückseiten folgender Höfe zu erkennen:

  • Mennonitenhofstraße 4–6 (gerade Nrn.)
  • Herrnsheimer Hauptstraße 29–57 (ungerade Nrn.) und 56
  • Untergasse 34, Schmiedgasse 4–12 (gerade Nrn.)
  • Am Untertor 1 und 2
  • Schillerturmstraße 1–23, 27–31 (ungerade Nrn.)
  • Badegasse 1–13 (ungerade Nrn.) und 8.

Überreste des Wormser Tors der historischen Ortsbefestigung Herrnsheims an den Gebäuden der Herrnsheimer Hauptstraße 56 und 57.
Überreste des Wormser Tors [Bildstrecke][Bild: Jonathan Bugert]

Neben der Mauer sind auch noch Überreste einiger Tore der Ortsbefestigung erhalten. So befinden sich an den Anwesen der Herrnsheimer Hauptstraße 56 und 57 noch die Torpfosten des Wormser Tors. An der Schmiedgasse 2 hingegen befinden sich Reste des Untertores. Das Peterstor ist dagegen vollständig verschwunden. Auch das nördliche Tor am Schloss ist durch die Umgestaltung des Schlossparks Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr in seiner ursprünglichen Form erkennbar. Seit der Umgestaltung endet die Herrnsheimer Hauptstraße vor den Toren des Schlosses.

Ein eindrucksvollstes Überbleibsel der Herrnsheimer Ortsbefestigung stellen die Türme der ehemaligen Fleckenmauer dar: der sogenannte „Schillerturm“ im Schlosspark des Herrnsheimer Schlosses, der Storchenturm im Schaukelpark und ein unbenannter Turm hinter der Schillerturmstraße 23. Vor allem der Schillerturm und der Storchenturm wurden im Verlauf der Jahrhunderte stark umgebaut und gehören heute zu den wichtigsten Kulturdenkmälern von Herrnsheim.

2.1.Der Schillerturm

Der Schillerturm ist ein spätgotischer Turm im Herrnsheimer Schlosspark und ein Überrest der mittelalterlichen Ortsbefestigung. Der Turm wurde 1789 romantisierend umgebaut und bei der Umgestaltung des Schlossparks Ende des 18. Jahrhunderts in die Parkgestaltung miteinbezogen.
Der Schillerturm im Herrnsheimer Schlosspark[Bild: Jonathan Bugert]

Der spätgotische Turm am Rand des Herrnsheimer Schlossparks ist ein Überrest der mittelalterlichen Ortsbefestigung von Herrnsheim. Der Turm besteht in der Sockelzone aus Bruchstein und ist darüber mit Backstein aufgebaut. Der Turm wurde 1789 romantisierend umgebaut und bei der Umgestaltung des barocken Gartens zu einem englischen Landschaftspark unter Friedrich Ludwig von Sckell (1750–1823) in die Gestaltung des Parks miteinbezogen.

Die Benennung des Turmes als „Schillerturm“ erfolgte nachträglich. Wolfgang Heribert von Dalberg (1750–1806) war Theaterintendant in Mannheim und Förderer Friedrich Schillers. Es bleibt jedoch ungesichert, ob Schiller Herrnsheim je besucht hat.[Anm. 1]

2.2.Der Storchenturm

Der Storchenturm wird auf das Jahr 1472 datiert und ist ein Überrest der spätmittelalterlichen Dorfbefestigung. Er wurde ab 1820 in gotischen Formen wiederhergestellt und umgebaut. er ist benannt nach den Störchen die jahrelang auf dem Turm brüteten.
Der Storchenturm in "Schaukelpark"[Bild: Jonathan Bugert]

Im Schaukelpark westlich des historischen Ortskerns befindet sich der sogenannte Storchenturm. Dieser wird auf das Jahr 1472 datiert und ist ein weiterer Überrest der spätmittelalterlichen Befestigungsanlage des Ortes. Der Turm wurde ab 1820 in gotischen Formen wiederhergestellt und als Wohnturm, beziehungsweise als Gartenhaus, umgebaut. Der dreigeschossige Turm erhielt dabei einen neuen, feldseitigen Eingang. Daneben verfügt er über eine Brüstung mit Zinnen und gemauertem Helm. Auch dieser Turm wurde mit Maßwerk und Schlusssteinen des alten Wormser Domkreuzgangs geschmückt. Und auch hier wurden die Originale heute gegen Kopien ausgetauscht.

Im Jahr 1986 wurde der Storchenturm durch den Herrnsheimer Heimatkreis restauriert. Benannt ist der Storchenturm nach den Störchen, die jahrelang auf dem Turm brüteten. Seit 1950 war das Storchennest verwaist, bis seit 2018 wieder Störche auf dem Storchenturm beobachtet werden konnten. [Anm. 2]

Nachweise

Verwendete Literatur:

 

Anmerkungen:

  1. Breuer sagt dagegen, dass der Turm so benannt wurde, da Schiller „hier an seinem Don Carlos gearbeitet haben“ soll (Vgl. Breuer 2007, S. 15). Ein solcher Besuch Schillers in Herrnsheim scheint jedoch nicht genau belegt werden zu können.  Zurück
  2. Vgl. o.A.: Auf dem Herrnsheimer Storchenturm wächst erstmals seit Jahrzehnten wieder ein Jungstorch heran. In: Wormser Zeitung vom 20. Juni 2018. Online verfügbar unter: https://www.wormser-zeitung.de/lokales/worms/worms-herrnsheim/auf-dem-herrnsheimer-storchenturm-waechst-erstmals-seit-jahrzehnten-wieder-ein-jungstorch-heran-1312829 (aufgerufen am: 22.02.2024). Zurück