Rheinhessen

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Karte 54 ‘Scheuertuch’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 224. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Scheuertuch

Das Tuch, das man benutzt, um den Fußboden zu wischen, wird in den Dia­lekten des Untersuchungsgebietes Lumpen (dialektal Lumbe) bezeichnet. Dabei ist das Vorkommen der Bezeichnung als Simplex selten. In der Regel gibt es determinierende Zusammensetzungen wie Putzlumpen, Aufziehlumpen usw., die den Gegenstand von Tüchern für andere Reinigungszwecke sprachlich abgrenzen. Zu nennen sind hier z. B. Schuhlumpen, Staublumpen und Spül­lumpen.

Das neuhochdeutsche Substantiv Lumpen lässt sich bis spätmittelhochdeutsch lumpe ‘Lappen, Fetzen’ zurückverfolgen. Es besteht Verwandtschaft mit dem Verb mittelhochdeutsch lampen ‘schlaff herunterhängen’. Weiteres ist etymologisch nicht geklärt. In den sprachlichen Zusammenhang gehört das Wort Lump ‘gesinnungsloser Mensch, Gauner, Landstreicher’, eigentlich: ‘Mensch in zerlumpter Klei­dung’, das im 17. Jh. mit Bedeutungsdifferenzierung aus Lumpen gekürzt wurde.

Das Wort Lappen ist nur selten entweder als Simplex (dialektal Labbe u. ä.) oder in der Zusammensetzung Putzlappen (dialektal Butzlabbe u. ä.) belegt. Über dessen Herkunft ist kaum etwas Sicheres bekannt. Die althochdeutsche Entspre­chung ist lappo. Außergermanisch vergleicht sich griechisch lobós ‘Lappen, Läppchen’.

Die vorherrschenden Komposita sind mit verschiedenen Bestimmungs­wörtern gebildet. Von der Beleganzahl her kommt Putz- am häufigsten vor: Putzlumpen und Putzlappen. Das Erstglied ist von dem Verb putzen abge­leitet. Dieses ist als butzen erst seit dem 15. Jh. nachweisbar, zunächst in der Bedeutung ‘sauber machen’, später auch ‘schmücken’.

Der ersten Komponente von Aufziehlumpen (dialektal Uffziehlumbe u. ä.) liegt das Verb aufziehen zugrunde, das in den Dialekten u. a. die Bedeutung ‘mit nassem Lappen den Fußboden reinigen’ aufweist. Motiv für die Be­deutungsübertragung war offensichtlich das bei der Reinigung erfolgende Ziehen des Lappens über den Fußboden bei gleichzeitigem Aufnehmen des Schmutzes. Das Verb ziehen lässt sich bei konstanter Bedeutung über althochdeutsch ziohan, germanisch *teuha- bis indogermanisch *deuk- zurückverfolgen. Aus der gleichen Wurzel resultiert lateinisch ducere ‘führen, leiten, ziehen’.

Bei den Zusammensetzungen Aufwäschlumpen (dialektal Offwäschlombe u. ä.), Aufwaschlumpen (dialektal Ofwaschlumpe) sowie Wäschlumpen (dialektal Weschlumbe) basiert das Bestimmungswort auf dem Verb (auf)waschen. Be­reits im Mittelhochdeutschen liegt neben waschen die umgelautete Variante weschen vor. Das Althochdeutsche hat wascan aus germanisch *waska- ‘waschen’. Weiteres ist nicht ge­klärt. Im Pfälzischen bedeutet aufwaschen ‘(den Fußboden) mit nassem Lappen reinigen’.

Zwei Gründe – ein lautgeschichtlicher und ein sprachgeographischer – spre­chen dafür, dass der singuläre Beleg Wischlumpen (dialektal Wischlumbe) an der Lauter in den Zusammenhang von waschen gehört: 1. Der Umlaut von a wird im Südpfälzischen häufig bis i geschlossen. 2. In der näheren Nachbarschaft des Belegs ist Aufwäschlumpen verbreitet. Dennoch lässt sich nicht völlig ausschließen, dass Wischlumpen mit dem Verb wischen zusam­menhängt. Dieses ist von Wisch ‘Büschel, Bündel’, ursprünglich: ‘Strohbün­del’ abgeleitet und bedeutet demnach ursprünglich ‘mit einem Strohbüschel reinigen’.

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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