Untershausen im Westerwald

Haus Nr. 14 "Daums" - "de Wetschaft" = Fam. Daum, Fam. Söllner; später Fam. P. Becher, heute Hauptstraße 29

Später Dorfstraße Nr. 14

1928
„Heute Franz Daum. Wirtschaft. Das Haus wurde gebaut von Johann Nöller im Jahr 1876. Johann Nöller stammt von Horressen. Dessen Frau Anna Ferdinand eine Schwester von meinem Vater Nik Ferdinand [H15]. Nachdem beide gestorben, verkauften die Kinder das Haus an einen Joh. Steinebach auch aus Horressen. Steinebach und Frau ohne Kinder, gestorben, kaufte Franz Daum das Haus 1910 oder 11. Franz Daum stammt von Stahlhofen, seine Frau aus Welschneudorf“.
[Anm. 1]

Der Rufname „Daums“ geht zurück auf den früheren Eigentümer Franz Daum, während der Name „Wetschaft“ auf die Funktion des Betriebs einer (Gast-)Wirtschaft verweist. Im 19. Jh. gab es Gaststuben vorübergehend in H37 Becher, H3 Dennebaum und H24 Gombert.

„Gasthof Waldeslust“ in H14 Daums um 1950. [Bild: Reiner Dennebaum H13]

Foto „Daums“, „de Wetschaft“ H14 hieß um 1950 „Gasthof Waldeslust“; hier Ansicht von Süden. Der Stall mit der Scheune grenzte direkt an das Wohnhaus, s.a. Text: Einzelaspekte Brauchtum – Foto Kirmes 1930. Der Stall war in die Scheune integriert. An die Scheune war ein Pissoir angebaut. Dahinter lag der Garten. Das Grundstück glich einem Dreieck, wobei die beschriebenen Gebäude und der Garten den einen Schenkel bildeten, der Saal mit einer dahinter liegenden kleinen Wiese den anderen und die Dorfstraße den dritten. Der große Hof bildete den inneren Teil dieses dreieckigen Grundstücks. An der Stirnseite vor dem Saal im Hof befand sich ein Brunnen mit Wasserpumpe.  

Das Haus wurde im Jahr 1876 von Johann Nöller gebaut. Johann Nöller stammte aus Horressen. Seine Frau Anna Maria geb. Ferdinand (1844-1893) war eine Schwester von Nikolaus Ferdinand, d. h. eine Tante von Friedrich Ferdinand, s. H15 und H37.[Anm. 2] Nach dem Tod des Ehepaares Johann und Anna Nöller verkauften deren Kinder das Haus an Johann Steinebach (1831-1909) aus Horressen, verh. mit Anna Maria Roth (*1840) H1. Dienstmagd und Köchin war damals Katharina Henkes, später verh. Herrmann H32.

Das Ehepaar Steinebach blieb kinderlos und 1910 kauften der Lehrersohn Franz Daum (1878-1945) aus Stahlhofen und seine Frau Anna geborene Labonte (1883-1958) aus Daubach das Anwesen. Franz Daum hatte eine Schwester, die nach Frankfurt verheiratet war. Ihre Tochter Else war auch häufiger zu Besuch in Untershausen, [Anm. 3] z. B. Kirmes 1930, s.a. Text: Einzelaspekte Brauchtum.

Ehe Franz Daum die Gastwirtschaft übernahm, war er in Montabaur als Vertreter für Eisenwaren tätig. Diese Fachkenntnis erlaubte es ihm, die Qualität von Eisenwaren, z. B. Sensen, an ihrem Klang zu erkennen.[Anm. 4]

Bericht: Auswanderung
Im Jahr 1911 war der als Kind mit seinen Eltern nach Scranton, PA, in die USA ausgewanderte Johann Dennebaum H3 zu Besuch bei seinen Onkel Johann Paulinus Dennebaum H33 in Untershausen. Er schickte per Postkarte einen „Gruß aus Untershausen“ mit Dorfansicht und Bild der ehemaligen Wirtschaft  von J. P. Gombert H24 an seine Söhne Robert und John Dennebaum nach Hause in Newark, NJ, USA.


Postkarte 1911 = Das Dorf Untershausen im Jahr 1911. [Bild: Joan Dennebaum, Berkeley Heights, NJ, USA]

Text der Postkarte: „Liebe Söhne, wir sind jetzt beim Onkel und wurden mit großer Freude empfangen. Wir helfen ein wenig in der Landwirtschaft. Es ist großartig. Heute gehen wir nach Montabaur zur jährlichen Kirmes, morgen nach Nentershausen. Es ist alles in Ordnung. Liebe Grüße von Mama und Papa.
X Hier sieht man Onkels Haus und Scheune“,
[Anm. 5] s. H33; ehemalige Gastwirtschaft auf der Postkarte, s. Haus Nr. 24.
Im Jahr 1912 schrieb seine Tante aus Untershausen an den ausgewanderten Neffen: „Alle lassen Euch bestens grüßen, auch Förster (Velten H18), Lehrer Gremp (H19) und Daum (H14)“.[Anm. 6]

Franz Daum (1878-1945) aus Stahlhofen und seine Frau Anna Katharina (1883-1958) geb. Labonte betrieben neben dem „Gasthof Waldeslust“ auch eine kleine Landwirtschaft mit 2 Kühen, 2 Schweinen und ein paar Hühnern. Die Eltern von „Daums Nann“ waren die Eheleute Peter und Maria Labonte geb. Dennebaum aus Daubach.[Anm. 7]


Jagdgesellschaft um 1937. [Bild: Reiner Dennebaum H13]

Das Foto um 1937 vor dem „Gasthof zur Waldeslust“ zeigt eine Jagdgesellschaft v.l.: den Fahrer des Jagdpächters, Willi Nink aus Ettersdorf, gen. „Dackel“, weil er immer mit seinem Dackel-Hund unterwegs war (verwandt mit Laukarts H17), Martha Gombert H13, gelegentlich als Bedienung tätig, zwei Jagdgäste, Anna Daum, den Jagdpächter Zucker-Schmitz aus Köln, Gastwirt Franz Daum und seinen Sohn Josef.[Anm. 8]

Bericht: Jagdhund
Daums hatten in den 1930er Jahren auch den besten Jagdhund im Ort: „Wotan“, der Hund von Franz Daum. Er bekam Prügel, wenn er Wildern ging. Er wusste nicht, dass das Jagen während der Jagd erlaubt war, aber ansonsten nicht und schon gar nicht in der Schonzeit. In späteren Jahren gab es mit „Waldmann“ nur noch einen kleinen Dackel.
[Anm. 9] 

[Bild: Herbert Söllner H14]

Das Foto aus dem Jahr 1939 zeigt die Tochter Maria des Hauses (Mitte) zusammen mit ihrem Bruder Clemens in Uniform des Reichsarbeitsdienstes und Rosa Müller H24 im Hof von H14. Im Hintergrund der Saal mit vorgebautem Schuppen und ganz rechts Teile von H15.

Die Wirtschaft trug in jenen Jahren den Namen „Gasthof zur Waldeslust“ - und noch in den 1950er Jahren sang die Jugend des Dorfes in froher Runde:

„Waldeslu-u-ust, Waldeslu-u-ust,
Oh wie einsam schlägt die Brust.   
Ihr lieben Vögelein
Stimmt eure Lieder ein
Und singt aus voller Brust
Die Waldeslust“.

Das Foto entstand Silvester 1942 in dem Gastraum bei Daums; s.a. Text: Einzelaspekte Brauchtum.
Abgebildet sind v.l.: Josef Daum, Klara Gombert H13, Hugo Gombert H3, Hedwig Bach aus Wirges zu Besuch bei Müllers H24, Josef Gombert H3, Irmgard Müller H24, Maria Daum, Georg Söllner, Hermann Born H35, Resi Müller H24 und der Wirt Franz Daum und der „Spieß“ (Kompaniefeldwebel) der Stabsbatterie des einquartierten 33. Artillerie-Regiments.
[Bild: Josef Gombert H13]

Ein zweites Lied mit regionalem Bezug wurde genauso häufig geschmettert:
„Ei lustig Unnerschhäuser Bäre wolle mer sein
Getauft mit Stelzebacher Wasser und mit Wein
Gesund an Herz - an Läber un an Lung
Mir senn jo oser modder ihre allerbeste Jung“

Während der Kirmes und bei anderen ausgelassenen Festivitäten wurde häufig noch folgender Quatsch-Text angehängt:
„Zicke-Zacke, Zicke-Zacke, Heu-Heu-Heu,
Hui Wäller, allemohl,
alle Wäller – wolle mohl!
whot wolle die Wäller?
Quetsche-Kuchche esse!“

oder

„Alleweil gima gor nemma, gor nemma, gor nemma
Alleweil gima gor nemma hahm
Bes die Ahl Quetschekuche bäckt
On ka schepp Schnuth me mächt
Alleweil gima gor nemma hahm.“

Das Ehepaar Franz und Anna Daum hatten zwei Söhne und eine Tochter: Josef, Clemens und Maria.


Das Foto zeigt Josef Daum beim Einlagern der Kohlenvorräte für den Winter. „Waldmann“ kontrolliert währenddessen das Geschehen auf der Dorfstraße; im Hintergrund H43.[Bild: Herbert Söllner H14]
  1. Josef Daum (1911-Juni 1944╬)
    Anekdote: Fußballspiel im Jahr 1931 in Horbach: Untershausen - Horressen s. Text: Einzelaspekte Brauchtum
  2. Clemens Daum (1914-2000) verh mit Gerda geb. Nießen. Das Ehepaar wohnte mit Sohn Bernd in Krefeld.
  3. Maria Daum (1921-1996) heiratete Georg Söllner (1914-1987), der aus Marktredwitz/Fichtelgebirge stammte. Beide hatten sich während des Zweiten Weltkriegs kennengelernt. 1940 wurden deutsche Soldaten einer Artillerie-Batterie in Untershausen einquartiert, s.a. H1, H3, H7, H29 und H34.  Damals lernte der Unteroffizier und Rechnungsführer beim Stab der Einheit Georg Söllner, der bei Kahls Seth im Haus Nr. 8 einquartiert war - seine spätere Frau Maria Daum H14 kennen und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Ehemann.

Das Ehepaar Maria und Georg Söllner übernahm das Anwesen und führte Gastwirtschaft und Landwirtschaft weiter, wobei letztere nach und nach aufgegeben wurde.

Das Foto entstand während der Kirmes-Feierlichkeiten im Jahr 1954 an der Theke im Saal; v.l.: Bedienung Herbert Gombert und Lisbeth Born aus Untershausen sowie der Cousin der Wirtin Edmund Diel aus Stahlhofen. Hinter dem Tresen Georg Söllner als Gastwirt. [Bild: Herbert Söllner H14]

Georg Söllner hatte als ehemals länger dienender Soldat auf Zeit seit Anfang der 1950er Jahre eine Anstellung bei der Bezirksregierung in Diez und später in Koblenz erhalten. In der Zeit von 1964-1979 war er Bürgermeister der Gemeinde Untershausen. Noch im Jahr 1979 erhielt er wegen seines hohen Engagements und seiner Beliebtheit die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Untershausen.

Das Ehepaar Georg und Maria Söllner hatte die Söhne Herbert und Bernd:

  1. Herbert (*1954) ist verh. mit Anna Elisabeth, gen. Anneliese, geborene Saal (*1950) aus Vettelschoß. Die Eltern Söllner errichteten 1961 ein neues Haus in Untershausen, in dem heute der Sohn Herbert mit seiner Ehefrau wohnt.
  2. Bernd (1959-2019) lebte viele Jahre in der Stiftung Scheuern bei Nassau/Lahn.

Die Erbengemeinschaft Clemens und Maria Daum verkaufte das Anwesen 1963 an die Eheleute Theodor und Irma Michaeli. Irma Michaeli geb. Nießen war eine Schwester der Ehefrau von Clemens Daum, s.o. Das Ehepaar Theo Michaeli (1916-1975) und Irma (1916-2004) aus Rheinhausen hatte den Sohn Horst (1949-2001), dieser blieb ledig.
Die Eheleute betrieben die Wirtschaft ab 1964 und modernisierten das Anwesen. Aus Scheune und Stall wurden Gästezimmer. Sie erbauten in der Waldstraße ein Einfamilienhaus und verpachteten die Gaststätte in den Jahren 1968 bis 1981 an verschiedene Personen.

Das Anwesen wurde dann im Jahr 1981 an die Eheleute Günter und Inge Krause verkauft. Günter Krause (*1934) und Inge, geb. Halbe (*1931) betrieben ca. 10 Jahre lang die Gastwirtschaft selbst, ehe dort in einem 5-Jahreszyklus die Pächter Köhnen und Ulitsch tätig wurden.[Anm. 10]

Im Jahr 1991 verkaufte Familie Krause den Saal an die Gemeinde Untershausen. Im Jahr 1992 ließ die Gemeinde den Saal und das benachbarte gemeindeeigene Haus Nr. 15 abreißen und dafür das „Bürgerhaus“ Untershausen mit entsprechenden Parkplätzen errichten, diese ungefähr an der Stelle des ehemaligen Brandweihers im Oberdorf. Das „Bürgerhaus“, wurde dann im Jahr 1994 feierlich eingeweiht; siehe auch Haus Nr. 15.

Ende 1991 verkauften die Eheleute Krause die Gaststätte mit den angrenzenden Gebäudeteilen an Michael Habel, der diese aber nur kurzfristig führte und bereits Mitte 1992 an Peter Becher verpachtete, um das Anwesen dann Ende 1994 an die Eheleute Peter und Martina Becher zu verkaufen.

Peter Becher ist der Sohn der Eheleute Erwin und Otti Becher aus Untershausen, s. H36; er ist von Beruf Dach- und Gerüstbauer.
Peter Becher (*1967) und seine Frau Martina geb. Falkenberg (*1963) aus Montabaur führen die Gastwirtschaft jetzt seit über 30 Jahren. Im Jahr 1997 wurde das gesamte Anwesen saniert und der Gasthof erhielt den Namen „Im Höfje“.


Das Foto zeigt das Anwesen „Im Höfje“ im Jahr 2020. Wohn- und Geschäftshaus P. und M. Becher.
[Bild: Reiner Dennebaum H13]

Verfasser: Reiner Dennebaum

Erstellt am: 21.10.2022

Anmerkungen:

  1. Ferdinand, Friedrich, H15: „Untershausen früher und jetzt“; handschriftliches Gebäudekataster. Das Original war mit Bleistift geschrieben und wurde später mit Kugelschreiber überschrieben. Es stammt aus dem Besitz von Ewald Ferdinand, Untershausen H11, 1928, S. 1- 41. Zurück
  2. s. Anm. 1. Zurück
  3. Hugo Herrmann, Zeitzeuge, Untershausen H25. Zurück
  4. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3. Zurück
  5. Dennebaum, Johann: Postkarte aus Untershausen an seine beiden Söhne nach Hause in Newark, New Jersey/USA. Untershausen, 07.08.1911. Zurück
  6. Dennebaum, Anna Maria: Brief aus Untershausen an ihren Neffen nach Newark, New Jersey/USA. Untershausen. Untershausen, 01.08.1912. Zurück
  7. Verzeichnis der Gestorbenen in dem Kirchspiel Holler 1890-2010. Pfarrei St. Peter in Ketten, Stelzenbachgemeinden, Montabaur. Zurück
  8. s. Anm. 4. Zurück
  9. s. Anm. 4. Zurück
  10. Horst Müller, ehem. Ortsbürgermeister, Untershausen H24. Zurück