Untershausen im Westerwald

Haus Nr. 21 "De Andres" – Fam. Andreas Gombert, heute Waldstraße 4

von Reiner Dennebaum

Haus Dorfstraße Nr. 21

1928
„Toni Roth, auch neu gebaut, 1910 ungefähr. Seine erste Frau war von Hübingen, schrieb sich Weiß, zweite Frau von Oberelbert. Toni Roth hier geboren“[Anm. 1]

Der Name "De Andres" bezieht sich auf den Vornamen von Andreas Gombert, s.u.

Hofreite "De Andres"
Hofreite "De Andres"[Bild: Heinrich Gombert, Untershausen H21]

Das Foto aus dem Jahr 1950 zeigt das Stein-auf-Stein gemauerte Anwesen von Süden. Das Gebäude wurde 1910 von Anton Roth, gen. „Andrese Toni“, errichtet; er stammte aus Haus Nr. 1 „Andrese“. An das Wohnhaus im Osten schließt sich direkt im Westen die Scheune an, in der hausnah der Kuhstall integriert und der Abort angebaut war; über dem Kuhstall befand sich der Hühnerstall.  Der Schweinestall war an der anderen Seite des Scheunentors.

Unter dem Kellerboden des Wohnhauses liegt eine „Petz“; dieser Brunnen befindet sich in einem Kellerraum unter der Wohnküche, hat heute auch zeitweise noch einen Wasserstand von ca. 2 m, ist aber abgedeckt.

Bericht:
„Andrese Toni hat im oberen Bereich dieses Brunnenschachts das von ihm widerrechtlich erlegte Wild an ein Gestänge gehängt und somit kühl und versteckt gelagert; sein Gewehr hatte er in der Scheune in einer Nische neben dem Scheunentor aufbewahrt“.[Anm. 2]

Vor dem Wohnhaus lag der Hausgarten, der im Osten an das Wohnhaus und das Zwischengebäude vom „Wehner Toni“ H20 grenzte. Der Hausgarten war durch die Zufahrt zu der Wiese hinter dem Haus vom Wohnhaus H21 getrennt. Im Westen hinter dem Anwesen gab es eine große Wiese, auf der auch einige Äpfel- und Zwetschgenbäume standen.  Vor der Scheune befand sich im Süden der große Hofraum mit der Zufahrt zu dem Weg nach Oberelbert. Mitten im Hof stand ein Nussbaum.

Anton Roth (1889-1946) war ein Sohn der Eheleute Adam Roth und Margarete geb. Schnee aus Untershausen, s. H1. Er war verh. mit Anna geb. Weiß (1888-1921) aus Hübingen. Die Eheleute Anton und Anna Roth hatten sich im Erdgeschoss von H21 eingerichtet und hatten die Zimmer im 1. Stock vermietet an die Familie Andreas Gombert, die später das Anwesen übernommen haben.

Das Ehepaar Anton und Anna Roth hatte die Kinder Alfons, Maria und Willi:

  1. Alfons (1911- vermisst in Rumänien ╬, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg für tot erklärt). Alfons war verh. mit Paula geb. Ferdinand (1911-1977) aus Holler, wo die Familie auch wohnte. Das Ehepaar hatte zwei Söhne und eine Tochter: Arnold (1935-2019 arbeitete bei dem Fuhrunternehmen Gilles in Wirges und wohnte auch dort; Hildegard (*1939) verh. Hommerich nach Höhr-Grenzhausen und Josef (*1940) lebt in Holler.
  2. Anna Maria (*1913), verh. Normann, wohnte später in Horressen.
  3. Wilhelm (1914-ca. 1990), gen. Willi, hat in Montabaur bei Schade & Füllgrabe gearbeitet und ist später auf Wunsch seiner Bekannten, die an Heimweh litt, nach Goslar gezogen. Er war im Zweiten Weltkrieg Soldat bei der deutschen Luftwaffe. Er soll als Pilot einer Me 109 eine „Ehrenrunde“ über Untershausen gedreht haben. [Anm. 3] Nach dem Krieg arbeitete er als Stoffhändler, lebte anfangs in Goslar und um 1965 in Braunschweig – er kam zu keinem Klassentreffen zurück nach Untershausen. [Anm. 4]

Nach dem Tod seiner ersten Frau war Anton Roth in zweiter Ehe verheiratet mit Anna Maria geb. Merz aus Oberelbert. Anna Roth bevorzugte einen großzügigen Lebensstil (Pelzmantel u.ä.) und konnte nicht gut haushalten. Dies war mit ein Grund dafür, dass sich „Andrese Toni“ als Wilderer einen Namen machte und auch deswegen des Öfteren auf Betreiben von Förster Velten H18 verhaftet und inhaftiert wurde. Das Ehepaar hatte drei Kinder:

  1. Elisabeth Veronika (†1921)
  2. Peter Ewald (†1928)
  3. Antonius (1925-1944╬) wurde als Schüler einmal von dem Volksschullehrer Gremp H19 gerügt, weil er als Lesezeichen einen 20 Mark-Schein verwendet hatte [Anm. 5]; er fiel als Soldat im Zweiten Weltkrieg bei den Kämpfen um Narwa /Russland, s.a. Haus Nr. 29.

Anton Roth arbeitete als Schachtmeister bei der Firma Walter de Cout in Düsseldorf-Derendorf im Straßen- und Betonbau. Auf einigen Baustellen der Firma, z. B. Düsseldorf- Flugplatz oder der Nachrichtenkaserne Braunschweig-Querum kam es zu einem Wiedersehen mit dem Gelegenheitsarbeiter Hugo Herrmann aus Untershausen H32 /HH/. Die Scheune von Toni Roth diente Anfang der 1930er Jahre eine Zeit lang als Garage für einen LKW der Marke Krupp mit Vollgummireifen und Kettenantrieb. Dieser gehörte Peter Herrmann und Simon Wittmann, die beide bei der Firma Peter Josef Hammerschlag in Limburg tätig waren und sich damit selbstständig machen wollten. [Anm. 6]

Im Jahr 1936 konnte das Ehepaar Anton und Anna Roth das Haus nicht länger halten. Es kam zu einer Versteigerung, wobei dieses dann von der Familie Andreas Gombert - die damals als Mieter im 1. OG lebte - erworben wurde. Die Familie Roth zog um in das Haus Nr. 29 zu Familie Schnee und wohnte dort zur Miete im 1. Stock.

Andreas Gombert war der Sohn der Eheleute Nikolaus Gombert und Katharina geb. Gerlach und hatte noch vier Geschwister. Die Urgroßeltern von Andreas waren Nikolaus Gombert I (1781-1864) und Anna Maria Schlemmer; Nikolaus Gombert I war jahrzehntelang Schultheiß in Untershausen, s. H38 und Text: Ortsgeschichte von Untershausen.

Der Landmann und Heuhändler Andreas Gombert (1894-1963) aus Untershausen war verh.  mit Helene (1902-1986) geb. Groß, gen. Lena, aus Holler. wo die Familie anfangs auch ein paar Jahre lang lebte. Helene Groß war die Tochter der Eheleute Peter Groß und Susanne geb. Fetz.

Andreas Gombert – wegen seines Schnurrbarts von manchen auch „de Schnorres“ genannt – hatte mit seiner Familie eine mittelgroße Landwirtschaft und handelte mit Heu.

Anekdote:
Bereits der Vater Nikolaus Gombert hatte mit Heu gehandelt und es in Koblenz u.a. an das dortige Militär verkauft. Die Söhne des Großvaters Andreas, Alois und Peter hatten einmal auf einer Fuhre nach Koblenz auch Eier und Schinken im Heu versteckt, um diese Erzeugnisse dann in Koblenz günstig zu verkaufen. Unterwegs wurden sie allerdings von einer Militärpatrouille angehalten und kontrolliert, wobei Peter (H38) in seiner Angst den Soldaten das Geheimnis verriet. Dies führte dazu, dass die Soldaten die Waren konfiszierten und Peter hinter der nächsten Kurve von seinen Brüdern ordentlich verprügelt wurde. [Anm. 7]

Andreas Gombert hatte das Recht, in der Hollerer Erbenmühle am Dorfausgang nach Montabaur sein Getreide selber zu mahlen. Ein Teil des Mehls ging dann an den Bäcker der Eufinger Mühle oder an den Horbacher Bäcker. Diese verlangten dann einmal pro Jahr – meist im Januar - das Backgeld für ihre Arbeit und den Fuhrlohn für das Ausliefern des Steinofenbrotes, das wegen seiner dicken Kruste auch besonders lange frisch blieb.

Der Ziegenbock stand in Daubach, so dass die Ziegen zum Decken dorthin gebracht werden mussten. Der Weg nach Daubach führt bergab und war für Mensch und Tier leicht zu bewältigen, der Rückweg war beschwerlicher. Im Volksmund wurde deshalb vorgeschlagen, die Ziegen auf dem Rückweg doch besser mit dem Wägelchen zu fahren.

Insbesondere in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs lagen auch Soldaten eines Panzerbataillons in der Nähe von Untershausen im Stelzenbach Wald, die sich gerne zu gelegentlichem Feiern in der Erdgeschosswohnung des Hauses aufhielten [Anm. 8], s. Text: Einzelaspekte NS-Zeit.

Familie Andres und Helene Gombert
Familie Andres und Helene Gombert[Bild: Heinrich Gombert, Untershausen H21]

Das Foto von 1942 zeigt das Ehepaar Helene und Andreas Gombert mit ihren Kindern Rosel, Heini und Male (v. li.):

  1. Amalie Elisabetha, gen. Male (1927-2018), war verheiratet (1953) mit Vincenz Ferdinand (1919-2012), Land- und Gastwirt, nach Stahlhofen, wo beide nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1993 eine Gastwirtschaft betrieben. Sie haben die Kinder Gabriele (*1954), Ilse (*1956) und Jürgen (1966-2020).
  2. Maria Rosa, gen. Rosel (1930-1995), war verheiratet mit Lothar Weyand (1931-1994) aus Untershausen (H44). Sie hatten zwei Kinder; das 1. Kind Axel starb kurz nach der Geburt, Bernd (1966-2020) arbeitete als Kraftfahrer, wohnte in Unterhausen und später in Montabaur.
  3. Heinrich Nikolaus, gen. Heini, s.u.

Im Jahr 1958 wurde an der Grundstücksgrenze direkt im Anschluss an das Nachbarwohnhaus H20 eine Garage gebaut.

Hannelore Gombert mit Franz-Josef und zwei Nichten
Hannelore Gombert mit Franz-Josef und zwei Nichten[Bild: Heinrich Gombert, Untershausen H21]

Heinrich Gombert (1934-2019), heiratete (1958) Hannelore (*1936) geborene Weisbrod in Neuhäusel. Das Ehepaar Heini und Hannelore Gombert hat 4 Kinder: Franz-Josef, Werner, Michaele und Elke.

Das Foto aus dem Jahr 1960 zeigt die Nichten Gabriele und Ilse Ferdinand neben der Hausfrau Hannelore Gombert mit ihrem Sohn Franz-Josef auf dem Arm (v.l.)

  1. Franz-Josef (*1959), verh. mit Gabi Jülch aus Mietersheim/Lahr, wohnt in Untershausen. Das Ehepaar hat die Kinder Lena (*1988) und Alexander (*1991).
  2. Werner (*1960) wohnt in Dierdorf.
  3. Michaele (*1964) wohnt in Untershausen in der Nähe des elterlichen Hauses.
  4. Elke (*1969) lebt im hohen Westerwald.

Landwirtschaftlicher Betrieb Heinrich Gombert im Jahr 1980
Landwirtschaftlicher Betrieb Heinrich Gombert im Jahr 1980[Bild: Heinrich Gombert, Untershausen H21]

Das Ehepaar Heini und Hannelore Gombert übernahm das landwirtschaftliche Anwesen im Jahre 1967 mit 3 Kühen. Sie modernisierten den Betrieb, bauten 1968 einen großen Kuhstall mit Hilfe der Landsiedlung Rheinland-Pfalz und hielten 20 Milchkühe und besaßen mit Kälbchen und Rindern zusammen ca. 50 Stück Großvieh;  die Landwirtschaft wurde von 4 ha Land auf 150 h vergrößert, davon waren 10 ha Eigentum.

Das Foto aus dem Jahr 1980 zeigt das gesamte Anwesen – mit dem neuen Stall, der an die Scheune angebaut worden war, und der Halle für die Maschinen und für Getreide, das in dieser Halle auch getrocknet werden konnte. Hier waren auch die Silos für Kraftfutter aufgestellt. Das Futtersilo für Mais oder Gras dagegen befand sich am Weg nach Oberelbert mit Zugang vom Langer Weg.

Heini Gombert hat als einziger in Untershausen versucht, durch Modernisierung und Rationalisierung die traditionellen landwirtschaftlichen Lebensbedingungen fortzuführen. Trotz dieser Aktivitäten war es erforderlich, eine zusätzliche Tätigkeit beizubehalten und sich als Fahrer eines Lastkraftwagens bei der Firma Roßbach in Montabaur ein Zubrot zu verdienen.

Nachdem auch die Landwirte Josef Weckbecker H35 und Josef Stetenfeld H3 in den 1950er Jahren ihre bäuerliche Tätigkeit aus Altersgründen aufgegeben hatten, war Heini Gombert vorübergehend der letzte Landwirt in Untershausen. Im Jahr 1991 gab die Familie den landwirtschaftlichen Betrieb auf und die Felder und Wiesen in Untershausen werden von dem Ehepaar Verena und Werner Engers aus Holler landwirtschaftlich genutzt.

Erst Anfang der 2000er Jahre begann mit Helmut Metternich H38 wieder ein Untershäuser, als Landwirt aktiv zu werden, Äcker zu bestellen und die Wiesen zur Erzeugung von Heu zu nutzen.

Das Haus befindet sich auch nach dem Tod von Heini Gombert weiterhin in Familienbesitz und wird von ihr genutzt.

Nachweise

Verfasser: Dennebaum, Reiner

Aktualisiert am: 18.10.2023

Anmerkungen:

  1. Ferdinand, Friedrich: Untershausen früher und jetzt. Handschriftliches Gebäudekataster für Untershausen mit den Namen der Hauseigentümer und teilweise deren verwandtschaftlichen Beziehungen und ihre wirtschaftliche Situation. Das Original, ein DIN A5-großes Schreibheft, war mit Bleistift geschrieben und wurde später mit Kugelschreiber überschrieben. Es stammt aus dem Besitz von Ewald Ferdinand, Untershausen H11, 1928, S. 1-41.  Zurück
  2. Heinrich Gombert, Landwirt, Untershausen H21  Zurück
  3. Theo Dickob, Zeitzeuge, Maler- und Anstreichermeister, Heiligenroth, ehem. Untershausen H7. Zurück
  4. Hugo Herrmann, Zeitzeuge, Untershausen H25.  Zurück
  5. Theo Dickob, Zeitzeuge, Maler- und Anstreichermeister, Heiligenroth, ehem. Untershausen H7. Zurück
  6. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3.  Zurück
  7. Heinrich Gombert, Landwirt, Untershausen H21.  Zurück
  8. Heinrich Gombert, Landwirt, Untershausen H21. Zurück