Untershausen im Westerwald

"Spretzehaus" = Spritzenhaus, Feuerwehrgerätehaus, heute zwischen Hauptstraße 11-13

Hofreite Nr. 23, LB-Nr. 13, Steingäßchen [Anm. 1]
Spritzenhaus
zwischen H3 und H4 an der Dorfstraße

Das Spritzenhaus ist ein Fachwerk-Häuschen auf einer kleinen Parzelle an der Dorfstraße oberhalb von Haus Nr. 3 und dem Feldweg nach Wirzenborn, s.a. H4. An der Frontseite im Westen befindet sich ein größeres doppelteiliges Holztor und an der Rückseite eine Holztür, durch die auch Vieh herausgeführt werden konnte.
Direkt hinter dem Eingangstor stand der vierrädrige Spritzenwagen und rechts davon befand sich die gemeindeeigene Viehwaage.[Anm. 2] 

1787 Der Ort Untershausen besteht aus 18 Häusern und besitzt einen Gemeinde-Backofen, s.a. H31. Das Brandgeschirr besteht aus: 0 Spritzen, 18 Eimern, 2 Leitern, 2 Hacken, 1 Brandweiher.[Anm. 3]

Im Jahr 1823 wurde der Spritzenbezirk Untershausen neu errichtet. Dabei handelte es sich um ein einstöckiges Spritzenhaus und den Hofraum. Der Flächengehalt beträgt 2 Ruthen, 8 Schuh.[Anm. 4]
In dieser Zeit gehörten auch die Wehren der benachbarten Gemeinden „Holler, Wirzenborn, Reckenthal, Bladernheim, Ettersdorf, Stahlhofen, Daubach, Oberelbert, Niederelbert“ zu den regionalen Helfern einer Brandbekämpfung.[Anm. 5] 

Spritzenhaus in Untershausen um 1950. [Bild: Hugo Herrmann H25]

Das Foto zeigt das Spritzenhaus Anfang der 1950er Jahre.  In ihm befanden sich damals eine zweirädrige Feuerwehrspritze, Feuerwehrschläuche und weitere Gerätschaften.  Die Feuerwehrspritze konnte von Hand gezogen und bedient werden, wobei der Wasserdruck durch einen Schwungbügel erzeugt wurde, der von 2 Personen bedient werden musste.[Anm. 6] In Untershausen gab es in den 1950er Jahren noch zwei Brandweiher, einen im Unterdorf, s. Haus Nr. 1 und einen im Oberdorf, s. Haus Nr. 15.

1950
Bürgermeister Ludwig schreibt in der Brandschutzverordnung: Die Gemeinde hat 240 Einwohner, sie besitzt 30 Wohnhäuser mit Stallungen und Scheunen (Fachwerkbau), 14 Wohnhäuser massive Bauwerke und 1 Wohnbaracke auf dem Säjwosem.
Die Gemeinde unterhält eine Pflichtfeuerwehr mit einem vom Bürgermeister ernannten Wehrleiter. Die Löscheinheit besteht aus 17 Mann. Im Feuerwehrgerätehaus befindet sich eine fahrbare Handfeuerspritze, ein Hydrantenkarren, 180 m Schlauch, 2 Standrohre für Hydranten, 2 Verteiler-Stücke und 3 Strahlrohre. Neben den 9 Hydranten der örtlichen Wasserleitung gibt es noch 2 Brandweiher mit je 10 m³ Wasserinhalt.Ludwig, Alois: Brandschutzverordnung. Bürgermeister Ludwig, Untershausen, den 10.12.1950.
Bei Brandgefahr wird durch Läuten alarmiert. Am zweiten Sonntag eines jeden Monats findet von 13 bis 15 Uhr eine Feuerwehrübung statt. Toni Schnee H29 besuchte einen Lehrgang an einer Feuerwehr-Schule /104/; es gab keine Freiwilligen-Feuerwehr.[Anm. 7]
Brandhaken zum Einreißen brennender Gebäudeteile wurden an der Straßenseite Scheunenwand von H29 aufbewahrt.[Anm. 8]

Seit dem Bau der Wasserleitung im Jahr 1923 konnte man das erforderliche Wasser an entsprechenden Hydranten entnehmen. Die beiden Brandweiher blieben zwar bis ca. 1970 bestehen, waren aber stark verwildert und hatten kaum noch Wasser. Der ehemalige Brandweiher im Oberdorf ist heute Teil des Bürgerhaus-Parkplatzes, s. H15.

Die begehbare Gemeindewaage im Spritzenhaus wurde in regelmäßigen Abständen durch einen Diezer Eichbeamten überprüft mit Eichgewichten bis zu 1.000 kg. Die Waage hatte vorne und hinten ein Gatter, das je nach Bedarf geschlossen oder geöffnet werden konnte und stand rechts vorne im Spritzenhaus. Auf dieser Waage wurden vorwiegend Schweine, Rinder, Kühe und Bullen gewogen, wobei die Ochsen schon fast das Leistungsvermögen der Waage erreichen konnten. Das Wiegen erfolgte meist in Anwesenheit von Adam Gilles H6. In den 1950er Jahren befand sich diese Gemeindewaage dann in einem Anbau hinter dem Backes H31.[Anm. 9]
Die einzelnen Hofreiten besaßen selbst meist nur einfache Federwaagen, einige auch eine Dezimalwaage bis 100 kg zum Abwiegen von Getreide- oder Kartoffelsäcken.

Das Foto aus dem Jahr 2009 zeigt das Spritzenhaus im Unterdorf mit Haus Nr. 3 im Hintergrund.[Bild: Reiner Dennebaum H13]

Verfasser: Reiner Dennebaum

Erstellt am: 20.10.2022

Anmerkungen:

  1. Gebäude-Steuer-Cataster für den Gemeinde-Bezirk Untershausen Herz. Naß. Amts Montabaur. Gebäudesteuer des Herzogthums Nassau. Amt Montabaur Gemeinde Untershausen. Special-Kataster über sämmtliche in dem Gemeindebezirk von Untershausen gelegenen Gebäude mit Namen der Gebäudebesitzer und Vorbesitzer. Verzeichnis über die Grundfläche von Gebäuden und Hofraitheplätzen 1822-52, 40 S. HHStAW Abt. 234, Nr. 653. Zurück
  2. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3. Zurück
  3. Linz, Damian: Amt Montabaur 1787. Conskriptionstabelle mit den 85 Namen der Ortschaften einschließlich der Stadt Montabaur mit Horressen. Eine Statistik mit Angaben über Häuser, Familien, Einwohner, Bettelarme, Gemeindevorstände, fronbares Vieh und Angaben über das Land unterteilt in Kurfürstlich, Ritterschaftlich, Geistlich, Gemeinde und Privat; Angaben über Steuern, Gemeindeschulden und Brandgeschirr. Handschriftliche DIN-A1 große Tabelle. HHStAW Abt.116, Nr. 45. Zurück
  4. s. Anm. 1. Zurück
  5. Lagerbuch von der Gemarkung Untershausen 1ter Band. Enthält den Ortsbering, die Gärten und die Wiesen. Die Grundstücke mit den Hofraiten und Hausgärten sind als Flächen skizziert. Alle Grundstücke sind durchnummeriert; die Wege, z. B. Vicinalwege oder Nebenwege sind beschrieben. Montabaur, vom 3. Febr. 1846 (1806-1877). HHStAW Abt. 360 Untershausen (513), Nr. 3. S. 1-430. Zurück
  6. Hugo Herrmann, Zeitzeuge, Untershausen H25. Zurück
  7. s. Anm. 6. Zurück
  8. Theo Dickob, Zeitzeuge, Maler- und Anstreichermeister, Heiligenroth, ehem. Untershausen H7. Zurück
  9. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramikingenieur, Mettlach; ehem. Untershausen H3. Zurück