Untershausen im Westerwald

Haus Nr. 1 "Andrese" = Fam. Roth; Stammhaus Ebert, heute Hauptstraße 7

Hofreite Nr. 18, Lagerbuch-Nr. 21, Untergaße.[Anm. 1]
Später Dorfstraße 1

1928
»Haus was jetzt Roth Joseph bewohnt ist der Vorgänger sein Vater Adam Roth gewesen, derselbe hat das Haus vom alten Otchen geschenkt bekommen, früher war das Ebertshaus gewesen, die Söhne Peter und Hannes waren nach Holler verheirat, die Tochter oder Schwester der beiden war hier verheiratet mit dem alten Meuer, Adam Meuer sein Vater. Eine Schwester in Holler dem alten Alzen. Der Meuer war in Stahlhofen geboren, Stiefbruder von Hanspiters Amie. Die Mutter von dem Meuer Johann, also Adam Meuer sein Vater, stammte von hier aus dem Haus wo Herrmanns jetzt wohnen, dieselbe schrieb sich als Mädchen Ferdinand"
.[Anm. 2]

Haus Nr. 1 "Andrese"[Bild: Georg Gerlach]

Der Hausname »Andrese« geht zurück auf Andreas Roth und erhielt sich bis in die 1960er Jahre, s.u.

Das Foto aus dem Jahr 1942[Anm. 3] zeigt die südliche Giebelwand des Anwesens an der Dorfstraße, also von H30 aus, sowie die Rückseite des Hauses mit Garten, der im vorderen Teil auch an die Dorfstraße grenzte. Links im Hintergrund die Scheune von H37.

1822 wird Adam Mies als Gebäudebesitzer in Untershausen in einem »Verzeichnis über die Grundfläche von Gebäuden und Hofraitheplätzen« erwähnt, der Flächengehalt wird mit 14 Ruthen 8 Schuh angegeben.[Anm. 4] Bereits im Jahr 1821 wird ein Adam Mies in einem pflichtmäßigen Verzeichnis sämtlicher Bürger von Untershausen genannt.[Anm. 5]

Bei dem Anwesen in der Untergaße mit dem Lagerbuch Nr. 21 handelte es sich zwischen 1822-52 um ein zweistöckiges Wohnhaus 27' lang 28' tief, eine halbe Scheune 23' lang 30' tief, einen Stall 8' lang 6' tief und den Hofraum; Flächengehalt von 11 Ruthen, 28 Schuh.[Anm. 6]

Die Hofreite befand sich im Unterdorf im inneren Bereich der 90°- Kurve der Dorfstraße schräg gegenüber dem Backes H31. Die südliche Giebelseite des Hauses besaß zur Dorfstraße hin eine beeindruckende Verkleidung aus Schieferplatten. Die Schieferfläche war mit weißen Ornamenten und christlichen Symbolen geschmückt: IHS, Kreuzzeichen, Kugeln. Diese waren mit weißer Farbe auf den dunklen Platten aufgemalt. Der Hausgarten an der Giebel- und Rückseite des Hauses war durch einen Lattenzaun von der Dorfstraße und dem Gemeindeweg abgegrenzt, der das Anwesen von H2 trennte.
Den Hauseingang im Westen mit einer angebauten Laube neben der Haustür und die Hofeinfahrt erreichte man von der Dorfstraße aus, die nach Holler führt. Das Anwesen bestand aus dem Wohnhaus im Süden mit der sich anschließenden Scheune und einem querstehenden Wirtschaftsgebäude im Norden.
"Auf dem Grundstück gab es im oberen Teil des Hofes nahe der Haustür einen schön angelegten Brunnen mit Pumpe. In den 1930er Jahren war das Wasser aus dem Brunnen allerdings nicht mehr trinkbar, weil die nahe gelegene Jauchegrube undicht geworden war"[Anm. 7]; damals gab es aber schon ein paar Jahre lang eine Wasserleitung für das Dorf aus dem Stelzenbachwald.
Der Misthaufen befand sich im unteren Teil des Hofes in der Nähe des Stalls. Im oberen Teil standen jahrzehntelang zwei Walnussbäume vor dem Haus.

Über den Gemeindeweg [Anm. 8], der östlich am Anwesen vorbeiführte, konnte man den Brandweiher mit Born des Unterdorfes und die Wiesen unter dem Dorf erreichen. Dieser Brandweiher im Unterdorf wurde mit dem Wasser aus dem Graben versorgt, der später den Floßbach bildete, s. Text 1.3. Landschaft, Besiedelung und Landeshoheit. Auf dem Grundstück gab es ca. 3-4 m näher an der Dorfstraße auch einen Born, der von einer Quelle gespeist wurde. Dabei handelte es sich um ein aus Basaltsteinen vom Röthchen und Lavasteinen („Krotzen“) von der Rote Erde bestehendes Bassin von ca. 1,5 x 1,5 m und einer Tiefe von 1 m. Der Born war teilweise mit einer Steinplatte abgedeckt, der andere Teil bestand aus einer Eisengittertür, die zum Entnehmen des sauberen Wassers geöffnet werden konnte. Zum Bleichen wurde dann die Wäsche auf dem Grundstück auf der anderen Seite des Grabens auf kleinen Parzellen ausgebreitet. Nach dem Bau einer Wasserleitung im Jahr 1923 verlor der Brunnen seine Bedeutung. Die kleine Anlage wurde 1925 von Christian Herrmann und seinem Sohn Richard abgebaut. Die Steine wurden nach einer Zwischenlagerung im Hof von Haus Nr. 32 zum Bau des Kellers für das Wohnhaus von Ludwig Lenz nach Holler gebracht. Das Grundstück wurde von der Gemeinde wieder zu einer Wiese hergerichtet und später an Anton Becher H2 verkauft.[Anm. 9]     

Das »Andrese«-Haus gehörte früher den Eheleuten Ebert. Thomas Ebert (1797-1838) Bladernheim und dessen Ehefrau Anna Maria geb. Dennebaum (1802-1880) aus Untershausen hatten die Hofreite 1831 durch Kauf von Adam Mies erworben. Die Eltern von Anna Maria waren Peter Dennebaum aus H3 und Anna Maria geb. Gombert.
Die Familie Ebert bewirtschaftete im Jahr 1847 gut 27 Morgen Land.[Anm. 10]
Das Ehepaar Thomas und Anna Maria Ebert hatte die 4 Kinder:

  1. Anna Maria (1823-1877) verh. mit dem Landwirt Adam Alzen (1825-1912) aus Holler.
  2. Peter (1828-1891) verh. mit Anna geb. Hübinger (1840-1925) aus Holler. Das Ehepaar hatte 4 Kinder: Adam (1874-1945) s. H12, Josef (*1882), Peter und Anna.
  3. Johann (1832-1895) verh. nach Holler und
  4. Maria Anna (1835-1892) verh. mit Johann Adam Meuer (1835-1900). [Anm. 11] 

Später ging das Haus an Adam Roth sen. über. Er war der Sohn der Eheleute Andreas Roth und Sophia geb. Pehl. Der Name »Andrese« dürfte auf diesen Andreas zurückzuführen sein. Das Ehepaar Andreas und Sophia Roth hatte die Kinder Anna Eva (*1832), Anna Maria (*1834), Peter (*1836), Anna Eva (*1838), Anna Maria (*1840), Adam (1846-1922) und Elisabeth (*1852).[Anm. 12]

Margarete Roth mit Enkelkindern[Bild: Hugo Herrmann]

Die Ehefrau von Adam Roth sen. (1846-1922) war Margarete geb. Schnee (1853-1930) aus Untershausen, genannt »Andrese Gritt«. Sie war eine Schwester von Peter Schnee, genannt »Schnieje Pitter«, s. H29.

Das Foto aus dem Jahr 1927 zeigt Margarete Roth mit den Enkelkindern Helmut und Günther, den Kindern von Josef, v.l.

Adam Roth sen. und seine Frau Margarete betrieben eine Landwirtschaft in Untershausen und hatten 9 Kinder: Johann, Adam jun., Maria, Theresia, Anna, Anton, Josef, Christian und Franziska:[Anm. 13]

  1. Johann (1875-1910), ledig
  2. Adam jun. (*1877) war verh. mit Gertrud geb. Sauer aus Arzheim und lebte später dort als Landwirt. Das Ehepaar hatte die Kinder Josef (Schreiner), Toni (Landwirt), Maria verh. Sauer (Bäckerei in Arzheim) und Alois verh. mit Angela Metternich aus Untershausen, s. H23.
  3. Maria (*1880)
  4. Theresia (1882-1958), verh. Girmann, lebte später in Bladernheim
  5. Anna (1884-1943)
  6. Anton (1889-1946), s. H21
  7. Josef (1893-1975), s. u.
  8. Christian (*1895), verh. mit Maria (*1899) geb. Steudter aus Ebernhahn. Er arbeitete als Tongräber bei der Firma Müllenbach & Thewald in Siershahn, später als Schrankenwärter bei der Bahn und lebte in Ebernhahn. Das Ehepaar hatte die Kinder Thekla, Irmgard und Edmund.
  9. Franziska war verh. mit Josef Alef aus Siershahn, wo das Ehepaar auch lebte.

Hugo Herrmann H25 erwarb 1933 in dem landwirtschaftlichen Betrieb von Adam Roth jun. in Arzheim seinen »Landhelfer-Brief«. In der Zeit des Nationalsozialismus mussten ungelernte Jugendliche vom Land, die auf dem Arbeitsmarkt in Handel und Industrie keine Anstellung fanden, ein halbes Jahr lang bei einem Bauern in der Landwirtschaft arbeiten. Die Stellen wurden vom Arbeitsamt in Niederlahnstein vergeben; Montabaur bekam erst 1950/51 ein Arbeitsamt. Der Monatslohn in Höhe von 29 Reichsmark wurde direkt an den landwirtschaftlichen Betrieb ausgezahlt. Der Helfer selbst arbeitete für »freie Kost und Logis«.[Anm. 14]
Nach Adam Roth sen. übernahmen sein Sohn Josef Roth (1893-1975), s. Text: Brauchtum 1933, und dessen Frau Anna (1895-1971) geb. Steudter aus Ebernhahn das Anwesen. Sie war eine Schwester von Maria Roth geb. Steudter s. o., das heißt, zwei Brüder hatten zwei Schwestern geheiratet. Josef Roth arbeitete in der Tonverarbeitung bei der Firma Müllenbach & Thewald in Siershahn, die dazu gehörende Tongrube lag in Ebernhahn, war aber durch eine Seilbahn mit dem Betrieb verbunden. Sein Schwager hatte als Meister in diesem Betrieb eine gute Position und Josef Roth durch seine Arbeit ein sicheres Einkommen. Allerdings brauchte er für seine kleine Landwirtschaft eine Hilfe. Sein Knecht Martin kam aus Kackenberg, dem späteren Neuhochstein bei Höhn/Oberwesterwald. In den 1920er Jahren waren beide Mitglieder im Gesangverein "Liederkranz" in Untershausen. Josef Roth starb 1975 in Ebernhahn.

Aufnahme vom Frühjahr 1940.[Bild: Hugo Herrmann]

Auf dem Foto aus dem Jahr Frühjahr 1940 - also vor dem Frankreichfeldzug - handelt es sich um einen Oberkanonier, einen Gefreiten, Günther und Anna Roth, einen Unteroffizier, einen Oberkanonier sowie um Josef und Helmut Roth, v. l.
Die Familie Josef Roth ist ist zusammen mit Soldaten der 9. Batterie des 33. Artillerie-Regiments abgebildet, die von Januar bis Mai in Untershausen einquartiert waren und zum Stab gehörten. Die 9. Batterie, s.a. H3, H29 und H34, war ausgerüstet mit Pferde-bespannten, leichten 10 cm Feldgeschützen.

Das Ehepaar Josef und Anna Roth hatte die beiden Söhne Helmut und Günther. Helmut Roth (1924-1976) war verheiratet mit Luzie geb. Meuer (*1928) aus Holler. Beide lebten in Ebernhahn.

Todesanzeige Günter Roth.[Bild: Hugo Herrmann]

Günther Roth (1925-1943╬) starb 18-jährig im Zweiten Weltkrieg als Grenadier in Russland. Für das Überbringen der Todesnachrichten der Gefallenen war Jakob Laukart H17 zuständig, s.a. Einzelaspekte NS-Zeit.


Das Ehepaar Josef und Anna Roth verkaufte das Haus 1954 an Paul Schwarz (1904-1980) und dessen Frau Emma (1907-1977) und zog nach Ebernhahn.
Familie Schwarz zählte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den wohnungssuchenden Vertriebenen; die Familie stammte aus Neuvorwerk nahe Breslau. Das Ehepaar hatte die Söhne Günther, Heinz, später Ffm-Liederbach und Siegfried (*1949) später Neckar-Gemünd.

Foto Haus Hauptstraße 7 aus dem Jahr 2009.[Bild: Reiner Dennebaum]

1970 übernahm Sohn Günther Schwarz (*1940) das Haus.

Das Althaus wurde 1971 abgerissen und an seiner Stelle ein Neubau errichtet. Günther Schwarz selbst zog im Jahr 2005 zusammen mit seiner niederländischen Frau Jos in die Niederlande und verkaufte das Haus an den heutigen Eigentümer Helmut Metternich aus Untershausen.


Verfasser: Reiner Dennebaum

Aktualisiert am: 25.10.2022

Anmerkungen:

  1. Gebäude-Steuer-Cataster für den Gemeinde-Bezirk Untershausen Herz. Naß. Amts Montabaur. Gebäudesteuer des Herzogthums Nassau. Amt Montabaur Gemeinde Untershausen. Special-Kataster über sämmtliche in dem Gemeindebezirke von Untershausen gelegenen Gebäude. mit Namen der Gebäudebesitzer und Vorbesitzer. Verzeichnis über die Grundfläche von Gebäuden und Hofraitheplätzen 1822-52, 40 S. HHStAW Abt. 234, Nr. 653. Zurück
  2. Ferdinand, Friedrich: Untershausen früher und jetzt; Kopie des Originalhefts von 1928, S. 1-41. Zurück
  3. Bildarchiv der Kreisbildstelle des Westerwaldkreises. Fachwerkhäuser Untershausen Ortskennziffern 143 04 077, z. B. Alte Schule Untershausen, fortlaufende Bild-Nr. 880, Altarchiv Nr. 9250 u.a.; Fotograf Georg Gerlach. Landschaftsmuseum Westerwald, Leipziger Straße 1, 57627 Hachenburg, Jahr ca.1942. Zurück
  4. Gebäude-Steuer-Cataster für den Gemeinde-Bezirk Untershausen Herz. Naß. Amts Montabaur. Gebäudesteuer des Herzogthums Nassau. Amt Montabaur Gemeinde Untershausen. Special-Kataster über sämmtliche in dem Gemeindebezirke von Untershausen gelegenen Gebäude. mit Namen der Gebäudebesitzer und Vorbesitzer. Verzeichnis über die Grundfläche von Gebäuden und Hofraitheplätzen 1822-52, 40 S. HHStAW Abt. 234, Nr. 653. Zurück
  5. Ein pflichtmäßiges Verzeichnis der sämtlichen Bürger der Gemeinde Untershausen vom 10. Juli 1821 enthält die Namen von 25 Bürgern: Schultheiß Gombert, 3x Becher, Born, Dennebaum, Diehl, 6x Ferdinand, Gombert, Herschpro, Jösch, 2x Lenz, Merz, Meuer, 3x Mies, Nebgen, Schlemmer und Schnee. In: Teilung der Walddistrikte Apfelstein, Mengwiese, Mülmeth und Birkenstock zwischen den Gemeinden Daubach, Untershausen, Stahlhofen und Privatpersonen dieser Orte, mit Verzeichnissen der Bürger dieser Gemeinden; 1816-1821, HHStAW Abt. 234, Nr. 1227. Zurück
  6. Wie Anm. 4. Zurück
  7. Otto Paul Gombert, Zeitzeuge, Keramik-Ing., Mettlach;ehem. Untershausen H3. Zurück
  8. Lagerbuch von der Gemarkung Untershausen. 1ter Band. Enthält den Ortsbering, die Gärten und die Wiesen. Alle Grundstücke sind durchnummeriert; die Wege, z. B. Vicinalwege oder Nebenwege, sind beschrieben. Die Grundstücke mit den Hofreiten und Hausgärten zeigen jeweils Skizzen der Flächen. Montabaur, 3. Febr. 1846. S. 1-430. CD-Kopien 1-39 liegen vor. HHStAW Abt. 360 Untershausen (513), Nr. 3, S. 1-430. Zurück
  9. Hugo Herrmann, Zeitzeuge, Untershausen H25. Zurück
  10. Grundsteuer des Herzogthums Nassau, Amt Montabaur, Gemarkung Untershausen, Spezial=Kataster über sämmtliche in landwirthschaftlicher Kultur stehende Liegenschaften obiger Gemarkung. Gärten, Äcker und Wiesen. (Der Flächengehalt ist in Metermaaß ausgedrückt, der Morgen besteht aus 100 Ruthen, die Ruthe aus 100 Schuhen.) 1847, HHStA Wiesbaden Abt. 360 (513), Nr. 1. Zurück
  11. Horst Müller, ehemaliger Ortsbürgermeister, Untershausen. Zurück
  12. s. Anm. 11.
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  13. s. Anm. 9 und 11.
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  14. s. Anm. 9. Zurück