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Karte 74 ‘Sportkinderwagen (Buggy)’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 286.[Bild: Georg Drenda (IGL)]

Sportkinderwagen (Buggy)

Gefragt wurde mittels einer Abbildung nach dem leichten, wendigen, zu­sammenfaltbaren Sportkinderwagen, der überregional unter der Bezeichnung Buggy bekannt ist. Das Wort wurde mit dem Gegenstand etwa Mitte der 1960er Jahre aus dem englischsprachigen Raum übernommen. Ursprünglich bezeichnete englisch buggy einen leichten Pferdewagen. In die Dialekte des Untersuchungsraums hat Buggy keinen Eingang gefunden. Lediglich einmal wird Bakki genannt. Von abweichenden Einzelbelegen abgesehen, weist die Karte drei relativ klar abgegrenzte Wortareale aus. Südlich einer Linie etwa Zweibrücken – Frankenthal herrscht der Typus Sportwagen vor, nördlich davon der Typus Drücker, und zwischen Kusel und Kaiserslautern ist ein kleines Hocker-Gebiet festzustellen.

Das Wort Sportwagen (dialektal Sportwaa u. ä.), das im Untersuchungsge­biet häufig auch in diminuierter Form auftritt, und zwar als Sportwägel(e), Sportwägelchen (dialektal Sportwäggel, Sportwäschelsche u. ä.), ist eine sprachlich an den Dialekt angepasste Übernahme aus dem Standarddeut­schen. Dort bezeichnet Sportwagen einen Kinderwagen, in dem Kinder sit­zend befördert werden können. Ein solches Fahrgerät ist mit einer verstellba­ren Rückenlehne ausgestattet, vorne ist es offen und mit einer Fußstütze ver­sehen. Der Übergang zum weniger kompakten Buggy ist fließend. Oft wird auch dieser mit Sportwagen bezeichnet. Daneben gibt es in der Standard­sprache die Ausdrücke Sportkinderwagen und (gleichbedeutend) Kinder­sportwagen, die es erlauben, das mehrdeutige Sportwagen (auch: ‘niedriges schnelles Automobil’) zu umgehen.

Jeweils einmal sind die ebenfalls standardsprachlich beeinflussten Zu­sammensetzungen Kindersportwagen (dialektal Kinnersportwaa), Kinderwagen (dialektal Kinnerwagge) und das dazugehörige Diminutiv dialektal Kinnerwänche vertreten. In den beiden letztgenannten Fällen kommt es nicht zu einer Ver­wechslung mit dem geschlossenen Kinderwagen (für Säuglinge), da dieser in den betreffenden Belegpunkten (Kinder‑)Schäse heißt (vgl. Karte 73.).

Bei den anderen Bezeichnungen geht der Dialekt unabhängig von der Standardsprache eigene Wege. Das Wort Drücker (dialektal Drigger), das auch in den Diminutivformen Drückerchen, Drückerle (dialektal Driggerche, Drig­gerle u. ä.) sowie als Zweitglied in der Zusammensetzung Kinderdrücker (dialektal Kinnerdrigger) vorkommt, ist eine Substantivableitung vom Verb drü­cken (seit dem 9. Jh. belegt). Das Wortbildungsmotiv resultiert aus der Art, einen Buggy fortzubewegen, was durch Schieben/ Drücken des Gefährts ge­schieht. Das gleiche Motiv liegt bei der Diminutivbildung Schiebchen (dialektal Schiebsche) zu dem Verb schieben (seit dem 8./9. Jh. belegt) vor.

Auf die sitzende Position des Kindes im Sportwagen ist die Bedeu­tungsübertragung von Hocker (dialektal Hogger) ‘(Fuß‑)Schemel’ zurückzufüh­ren. Das Wort ist vom Verb hocken abgeleitet, das im Dialekt ‘sitzen, setzen (transitiv)’ bedeutet. Dieses führt auf indogermanisch *keuk- ‘sich biegen, wölben, krümmen’ zurück. Neben dem Simplex wird auch die Diminutivableitung Hockerchen gemeldet.

Bei der Bezeichnung Kutsche – eigentlich ‘Pferdewagen zur Beförde­rung von Personen’ – liegt Bedeutungsübertragung nach der Form des Ge­genstands vor. Ob französisch coucher ‘schlafen’ oder dialektal gautschen ‘schaukeln, wiegen’ hierbei hineinspielen, ist unklar. Kutsche ‘Pferdewagen für Perso­nen’ ist im 16. Jh. aus ungarisch kotsi entlehnt, das auf den Ort Kocs bei Raab verweist, in dem solche Wagen angeblich hergestellt wurden.

Die als dialektal Scheeßewähnche einmal vorkommende Diminutivform zu Schäsenwagen stellt eine tautologische Zusammensetzung dar. Schäse, aus französisch chaise ‘Stuhl’, bedeutet in den Dialekten des Arbeitsgebietes ‘(Kin­der‑)Wagen’ (vgl. Karte 73.). Durch Anhängen von ‑wagen erfolgt eine Ver­deutlichung, die im Belegort zudem eine semantische Differenzierung leis­tet. Dort wird der geschlossene Kinderwagen (für Säuglinge) Kinderschäse (dialektal Kennerscheeß) bezeichnet.

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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