Pfalz

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Karte 9.1 ‘Kartoffel’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 64. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Kartoffel

Eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel in Deutschland stellt die Kartof­fel dar. Als sättigende Beilage zu Fleischgerichten gehört sie in der Alltags­küche zum gängigen Standard. Die Knollenfrucht kam im 16. Jh. aus Süd­amerika nach Europa, und zwar auf zwei voneinander unabhängigen Wegen, wie es scheint. Es waren auf der einen Seite spanische Seefahrer, die die Kartoffel in ihre Heimat brachten. Von dort aus begann anschließend die Ausbreitung über Italien ins übrige Europa. Ein zweiter Weg führte das Ge­wächs von Südamerika auf die britischen Inseln, wohin es durch englische Seefahrer gelangte. Wegen ihrer schönen Blüten wurde die Kartoffelpflanze zunächst als Exotikum in Ziergärten kultiviert. Erst im 18. Jh. erfolgte der Anbau als Nahrungsmittel auf Feldern.

Auf Grund ihrer Ähnlichkeit mit der ebenfalls in der Erde wachsenden Trüffel wurden in Italien die vorhandenen Bezeichnungen für die Trüffel, nämlich tartuficolo u. ä. auf die neu eingeführte Erdknolle übertragen. Das italienische Wort ist auf spätlateinisch *terrae tūfer ‘Erdtrüffel’, dieses aus lateinisch terrae tūber ‘Erdknolle’ zurückzuführen. Mit der Kartoffel gelangte im 17. Jh. auch die italienische Bezeichnung nach Deutschland, die darauf zu Tartuffel u. ä. einge­deutscht wurde. Der Wandel des anlautenden T- zu K- in Kartoffel lässt sich als Dissimilation erklären.

Das Wort Kartoffel (dialektal Kadoffel u. ä.) kommt im Arbeitsgebiet des Atlasses nur in Rheinhessen vor. Die Belege gehören zu einem weiträumigen Kartoffel-Gebiet, das sich rechtsrheinisch anschließt und bis nach Nord­deutschland erstreckt.

Zumindest bis zur Mitte des 18. Jh. scheint das in der Karte dominie­rende Grundbirne auch in ganz Rheinhessen gegolten zu haben. Der älteste bisher bekannte schriftliche Beleg für das Wort stammt von 1719 aus Kai­serslautern. Der in typisierter Form als Grundbirne anzusetzender Ausdruck kommt in den Dialekten des Erhebungsraums als Grumbeer, Grumbier u. ä. vor. Die lautliche Entwicklung von (Gru)nd- zu (Gru)m- beruht auf Assimi­lation (nd > n > m) an das folgende ‑b- von ‑beer. Grund hat in dem vorlie­genden Kompositum die Bedeutung ‘Erdboden’. Das Wort geht zurück auf germanisch *grundu- mit gleichem Inhalt. Bei der zweiten Komponente ‑beer, ‑bier usw. handelt es sich um das Dialektwort für das Kernobst(gewächs) Birne. Der Ausdruck lässt sich über mittelhochdeutsch bir, bire bis althochdeutsch bira, pira zu­rückverfolgen. Er ist ins Germanische aus gleichbedeutend lateinisch pira entlehnt wor­den. Die Bezeichnung wurde zusammen mit der Sache von den Römern übernommen. Das ‑n- in standarddeutsch Birne wurde aus den flektierten Formen des Wortes in den Nominativ Singular übernommen, vgl. mittelhochdeutsch biren (Nominativ Plural).

Die Bildung des Kompositums Grundbirne ist durchsichtig: Das Erst­glied bezieht sich auf den Ort, wo die Erdfrucht heranwächst. Das Zweit­glied stellt eine Übertragung der Bezeichnung für die Baumfrucht auf Grund von Ähnlichkeit dar. Die Wortbildung zeigt das gleiche Muster wie Erdapfel (s. u.). Das rheinhessisch-pfälzische Grundbirne-Gebiet setzt sich nach Nor­den (linksrheinisch) bis an die Ahr und nach Süden bis ins Elsässische und Schwäbische fort.

Einmal ist in der Pfalz neben Grundbirne Erdapfel (dialektal Erdappel) als Variante belegt. Nach Auskunft des Pfälzischen Wörterbuches (II, 925) handelt es sich bei dem Wort um die Bezeichnung für die Topinambur, die etwa zeitgleich mit der Kartoffel aus Nordamerika nach Europa kam. Zudem zeigt die Karte des Deutschen Wortatlasses (XI, 4/5) keinen Erdapfel-Eintrag für ‘Kartoffel’ in der Pfalz. Der von der Gewährsperson des vorliegenden Atlasses gemeldete singuläre Beleg muss deshalb mit einem Fragezeichen versehen werden. In anderen Dialek­ten hingegen, sehr verbreitet im Oberdeutschen, ist Erdapfel als autochthone Bezeichnung der Kartoffel verankert. Als Lehnübersetzung aus lateinisch mālum terrae wurden mit Erdapfel (althochdeutsch erdaphul) zunächst verschiedene Früchte bezeichnet, die im oder auf dem Erdboden wachsen, wie der Kürbis, die Melone und die Gurke. Im 17. Jh. wurde das Wort auf die Knolle der neu hinzugekommenen Kartoffel- bzw. Topinamburpflanze übertragen (vgl. auch französisch pomme de terre ‘Kartoffel’).

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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