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Stricknadel
Die Sichtweise auf die zum Stricken benötigten Geräte kann unterschiedlich sein. Wie die dialektalen Bezeichnungen Stricknadel, Strickspieß und Strickstock zeigen, werden die langen, dünnen Stäbe mal als Nadeln, mal als Spieße, mal als Stöcke aufgefasst.
Das Kartenbild wird dominiert von der Bezeichnung Stricknadel. Im Norden und Nordwesten erfolgt der Übergang zum Strickspieß-Gebiet, das sich auf der linken Rheinseite bis in den Hunsrück ausdehnt. In Rheinhessen ist einmal Strickstock belegt. Durch das Bestimmungswort Strick- wird der Gegenstand von den Bezeichnungen anders verwendeter Nadeln, Spieße und Stöcke sprachlich abgegrenzt, man vergleiche z. B. die in den Dialekten verbreiteten Zusammensetzungen Nähnadel, Stecknadel, Haarnadel, Bratspieß, Küchenspieß ‘Küchenmesser’, Haselstock und Geißelstock ‘Peitschenstock’. Das Erstglied Strick- ist aus dem Verb stricken ‘einen Faden mit Nadeln zu einem Maschengeflecht verschlingen’ abgeleitet. Das Verb hängt mit dem Nomen Strick ‘Seil, Schnur’ zusammen. Mittelhochdeutsch stricken hat die Bedeutung ‘(Stricke) zusammenfügen, verknüpfen (zu Netzen für Fisch- und Vogelfang), festschnüren, heften, schlingen, binden, stricken’. Zu vergleichen ist lateinisch stringere im Sinne von ‘schnüren, zusammenbinden’. Als Ursprung ist indogermanisch *(s)ter(ə)- ‘starr, steif sein’ anzusetzen. Neben der Zusammensetzung Stricknadel (dialektal Stricknool u. ä.) ist fünfmal das Simplex Nadel (dialektal Noodel u. ä.) belegt. Als historische Vorläufer sind für das Althochdeutsche die Varianten nādala und nālda zu nennen. Auszugehen ist von der Wurzel indogermanisch *(s)nē- ‘Fäden zusammendrehen, mit dem Faden hantieren, weben, spinnen, nähen’. Das Wort Spieß (dialektal Spiss), das als Simplex vor allem aber in der Zusammensetzung Strickspieß (dialektal Strickspiss u. ä.) vorkommt, lässt sich etymologisch nicht eindeutig zuordnen. Die im Mittelhochdeutschen semantisch und lautlich getrennten Wörter spiʒ ‘Brat‑, Holzspieß’ und spieʒ ‘Kampf‑, Jagdspieß’ sind im Neuhochdeutschen zu Spieß zusammengefallen.
Bei Mainz ist einmal Strickstock belegt. Das Kompositum kommt rechts des Rheins häufig vor. Für Stock ist die Wurzel indogermanisch *(s)teu- ‘stoßen, schlagen’ anzusetzen. Somit ergibt sich als ursprüngliche Bedeutung für das Wort ‘abgeschlagener Ast/ Stamm’. Das darauf zurückzuführende germanisch *stukka- hat die noch im heutigen Deutsch gültige Bedeutung ‘Stab, Balken, Baumstumpf (jetzt nur noch in der Phrase über Stock und Stein) entwickelt. Es folgten Begriffserweiterungen. Mittelhochdeutsch stoc wird zur Bezeichnung des Bienenstocks, Opferstocks, Stockwerks usw. verwendet. In Strickstock kommt das Wort in seiner Hauptbedeutung ‘Stab’ vor.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.