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Karte 58.1 ‘Brause der Gießkanne’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 236. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Brause der Giesßkanne

Das am häufigsten vorkommende Wort für die Brause der Gießkanne ist im Arbeitsgebiet Zotte (dialektal Zott). In vielen Fällen ist das zugleich die allge­meine Bezeichnung für den Ausguss eines Gefäßes (vgl. Karte 59. Ausguss der Kaffeekanne). Die Etymologie des Wortes liegt im Dunkeln. Es wird Verwandtschaft mit Tüte ‘Papierbehälter’ angenommen, das ursprünglich ein niederdeutsches Wort ist. Mittelniederdeutsch tute, das mit dem lautmalenden Verb tuten ‘ein Si­gnalhorn blasen’ zusammenhängt, bedeutete zuerst ‘Horn (zum Blasen)’, dann verallgemeinernd ‘Hornförmiges’, so dass eine Übertragung auf die spitzgedrehte Papiertüte nahe lag.

Das kleinräumig vorkommende Rose (dialektal Ros u. ä.), auch in der Zu­sammensetzung Gießrose belegt, ist etymologisch nicht geklärt. Vielleicht besteht Verbindung zu mittelniederdeutsch rās ‘heftige Strömung’.

Die Instrumentalbildungen Gießer und ablautend Gosser basieren auf dem Verb gießen, das auf gleichbedeutend germanisch *geut‑a- zurückführt. Gieß- ist häufig auch erster Bestandteil von Komposita wie Gießkannenkopf (dialektal Gießkannekopp u. ä.) und daraus verkürzt: Gießkopf –, Gießknopf (dialektal ‑knopp) usw. Die Zusammensetzung Gießkanne ist seit dem 16. Jh. nachweisbar. Kanne ist vermutlich aus gleichbedeutend mittellateinisch canna ent­lehnt. Dieses beruht auf lateinisch canna ‘Schilf, Ried, Rohr’. Das lateinische Wort be­zeichnete wohl zunächst die Ausgussröhre an einem Gefäß und wurde dann auf den ganzen Gegenstand übertragen.

Das Substantiv Kopf wird übertragen als Bezeichnung des verdickten (oberen) Endes einer Sache gebraucht, vgl. z. B. Stecknadelkopf, Gelenkkopf, Pfeifenkopf und Duschkopf. Auch für die Brause der Gießkanne, die auf dem Ausgussrohr sitzt, wird das Wort verwendet. Als Simplex (dialektal Kopp) und Diminutiv Köpfel (dialektal Kepfl) kommt es seltener vor. Häufiger sind Kom­po­sita belegt: Gießkannenkopf – gekürzt: Kannenkopf –, Sprenzkopf, Brau­sekopf usw. Das seit dem 8. Jh. bezeugte Kopf ist entlehnt aus lateinisch cūpa, cuppa ‘Becher’ (vgl. auch englisch cup ‘Tasse, Schale’). Im Mittelhochdeutschen entwickeln sich über ‘Trinkgefäß’ hinaus die weiteren Bedeutungen ‘Hirnschale, Haupt’. Im Verlauf der Wortgeschichte geht die ursprüngliche Bedeutung verloren. In der Zusammensetzung Brausekopf verweist das Bestimmungs­wort auf das Verb brausen ‘aufwallen, schäumen, rauschen’, das wahr­scheinlich mit brauen verwandt ist. Die indogermanische Grundlage dessen ist *bhru‑/ bherw- ‘wallen, sieden’.

Wie Kopf kann auch Knopf auf das verdickte Ende eines Gegenstandes bezogen werden, vgl. z. B. Turmknopf und Stecknadelknopf. Im Untersu­chungsgebiet ist einmal Gießknopf vertreten. Das Grundwort gehört sprach­historisch zu anderen mit Kn- anlautenden Ausdrücken, die sich auf ver­dickte Gegenstände beziehen, z. B. Knospe, Knolle, Knoten.

Das Nomen Sprenz ist eine Rückbildung aus dem seit dem 18. Jh. nachweisbaren Verb sprenzen ‘mit Wasser besprengen, leicht regnen’. Das Wort ist eine Intensivbildung zu sprengen (seit dem 8. Jh. belegt), das wie­derum ein Kausativum zu springen ist. Der Ausdruck sprengen bedeutet also ursprünglich ‘springen lassen’. Dem Verb springen liegt mit gleicher Be­deutung germanisch *sprenga- zugrunde. Sprenz findet sich auch als erste Kom­ponente in der Zusammensetzung Sprenzkopf. Auf sprenzen beruht ebenfalls die Instrumentalbildung Sprenzer.

Spreitler ist ein Nomen Instrumenti zum dialektalen Verb spreiteln ‘auseinanderstreuen, umherwerfen’. Dieses ist eine Nebenform zu spreiten (belegt seit dem 9. Jh.), das zusätzlich die Bedeutung ‘ausbreiten’ trägt. Die Herkunft des Worts ist nicht geklärt. Das Verb spreiteln als Grundlage von Spreitler ist hier im Sinne von ‘Wasser über eine Fläche verteilen, sprengen’ zu verstehen.

Stopfer (dialektal Stobber) ist eine Instrumentalbildung zu stopfen ‘dicht machen, schließen, füllen’. Das Substantiv bezeichnet in den Dialekten ei­gentlich den Flaschenkorken (vgl. Karte 61.1.). Bei der Übertragung des Wortes lieferte wohl die Funktion der Gießkannebrause als Abschluss des Ausgussrohrs das Motiv. Das Verb stopfen, seit dem 9. Jh. nachweisbar, ist wahrscheinlich aus lateinisch stuppare ‘mit Werg zustopfen’ (zu lateinisch stuppa, stūpa ‘Werg’) entlehnt.

Das Bild des Verschlusses liegt auch der Bildung Gießkannendeckel zugrunde. Deckel ‘Verschluss eines Behältnisses’ ist eine seit dem 15. Jh. bezeugte Ableitung vom Verb decken (althochdeutsch decchen, deckon). Etymologisch besteht Verbindung zu Dach, dem Wort für ‘Abdeckung eines Gebäudes’.

Spritzer ‘Gerät, das Flüssigkeit (unter Druck) verteilt’ ist eine Instru­mentalbildung auf der Basis des Verbs spritzen, das erst seit dem Spätmittelhochdeutschen belegt ist. Sprachgeschichtlich gehört es zu sprießen ‘hervorwachsen’ aus gleichbedeutend westgermanisch *spreuta‑/sprūta‑.

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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