Mainz in Rheinhessen

Das Mainzer Isis- und Mater Magna-Heiligtum

Heiligtum der Isis und Mater Magna in Mainz, Taberna archaeologica, Ausstellungsraum.

Bei den Aushubarbeiten für die neue Einkaufspassage in der Mainzer Innenstadt wurden in den Jahren 2000-2001 die Fundamente eines der ägyptischen Gottheit Isis und der römischen Mater Magna, deren Kult auf die phrygische Kybele zurückgeht, geweihten römischen Tempels entdeckt. Den archäologischen Befunden nach wurde der Tempel in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. errichtet und bis in das 3. nachchristliche Jahrhundert genutzt. Die Ausgrabung förderte einen großen Sakralbezirk mit verschiedenen Gebäuden, die von einer Mauer umfasst wurden, zutage. Zahlreiche Inschriftentafeln, Keramik, Fluchtäfelchen, Statuen, Sockel, Münzfunde und andere Opfergaben ermöglichten eine Datierung und Zuordnung des Objektes.

Die vorrömische Zeit

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Tabulae Ansatae.[Bild: IGL]

Lange vor der römischen Expansion in die Rheingebiete gab es an dieser Stelle bereits einen geheiligten Ort. Im 8 Jh. v. Chr. wurde der Bereich der heutigen Römerpassage von den Kelten als Begräbnisstätte verwendet. Auch unter dem römischen Heiligtum machten die Archäologen bedeutetende Funde. Ein Holzsarg aus hallstattlicher Zeit, der die Leiche einer Frau mittleren Alters barg, konnte mit Hilfe der Dendrochronologie auf das 2. Viertel des 7. Jh. v. Chr. datiert werden. Untersuchungen der forensischen Antrophologie stellten fest, dass die Frau ca. 159 cm groß gewesen sein muss und neben starken Zahnsteinablagerungen an Arthrose im rechten Knie liet. Die Grabkammer enthielt desweiteren Geschirr, Schmuck und andere Beigaben, war aber bereits zuvor von Plünderern geöffnet worden. Der Fund ist einzigartig für Rheinland-Pfalz.

Das römische Heiligtum

Die meisten Funde der Ausgrabung stammen aus der römischen Epoche. Besonders zwei tabulae ansatae mit Weihinschriften an Mater Magna und Isis Panthea müssen hier erwähnt werden. Diese beiden Tafeln ermöglichten eine genau Identifizierung der im Heiligtum verehrten Götter. Die Inschriften auf den Tafeln lauten:

Tabula ansata mit Weihung an Mater Magna:

PRO - SALVTE - AVGVSTORUM -
S(ENATUS) - P(OPVLI) - Q(VE) - R(OMANI) - ET EXECITUS -
MATRI - MAGNAE - CLAVDIA AUG(VSTI) - L(IBERTAS) - ICMAS
ET - VITVLVS - CAES(ARIS) (SERVVS) - SACER(DOTE) - CLA(VDIO) - ATTICO - LIB(ERTO)

Übersetzung:

Für das Wohlergehen der Kaiser, des römischen Senates und des Volkes und des Heeres haben für Mater Magna (diese Inschrift anbringen lassen) Claudia Icmas, Freigelassene des Kaisers, und Vitulus, kaiserlicher Sklave, unter dem Priester Claudius Atticus (ebenfalls) Freigelassener.

Tabula ansata mit Weihung an Isis Panthea:

PRO - SALVTE - AVGVSTORUM -
S(ENATUS) - P(OPVLI) - Q(VE) - R(OMANI) - ET EXECITUS -
SIDI - PANTHEAE - CLAVDIA AUG(VSTI) - L(IBERTAS) - ICMAS
ET - VITVLVS - CAES(ARIS) (SERVVS) - SACER(DOTE) - CLA(VDIO) - ATTICO - LIB(ERTO)

Übersetzung:

Für das Wohlergehen der Kaiser, des römischen Senates und des Volkes und des Heeres haben für Isis Panthea (diese Inschrift anbringen lassen) Claudia Icmas, Freigelassene des Kaisers, und Vitulus, kaiserlicher Sklave, unter dem Priester Claudius Atticus (ebenfalls) Freigelassener.


Bis auf die angerufenen Götter sind die beiden Tafeln nahezu identisch. Die Abkürzungen auf den Inschriftenträgern sind in runden Klammern aufgelöst.

Antikes Weltbild und Kulthandlungen

Viele weitere inschriftentragenden Gegenstände und andere Weihegaben die auf Isis und Mater Magna hinweisen wurden in Mainz und Umgebung ausgegraben. In zahlreichen Depotgruben und an alten Feuerstellen fand man reichlich Opfergut, welches uns Auskunft über die dort praktizierten Kulthandlungen liefert. Die Lebenswelt der antiken Bevölkerung war geprägt von dem starken Glauben an das Übernatürliche. Zauberei, Magie und göttliche Intervention waren feste Bestandteile der Glaubenswelt. Mit Hilfe von Amuletten und geweihten Gegeständen versuchte man sich vor bösen Zaubern und Unheil zu schützen. Auch Opferrungen, in Mogontiacum besonders Brandopfer, waren eine gängige Praxis zur Erflehung von Beistand, Hilfe und Schutz. Geopfert wurden einfache Weihetäfelchen mit dem Namen der Gottheit, geringe Münzbeträge oder Tierfiguren aus Terrakotta. Die in Mainz gefundenen "Fluchtäfelchen" offenbaren einen weiteren antiken Brauch. So wurden Verwünschungen, Liebeszauber und erfahrene Diebstahldelikte in kleine Bleitäfelchen geritzt, zur Bindung des Zaubers zusammengerollt oder vernagelt und im Tempel hinterlassen.

Historische Bedeutung des Heiligtums

Das in Mainz gefundene Heiligtum für Isis und Mater Magna ist der bisher einzige Fund dieser Art in Deutschland. Die Einbindung und Verehrung von  Provinzialgottheiten in das römischen Glaubenssystem war fester Bestandteil der römischen Imperialpolitik. In der Regeln wurden fremde Götter romanisiert oder mit bereits bekannten römischen Göttern gleichgesetzt. Die Verehrung von ägyptischen und kleinasiatischen Göttern in der nördlichen Provinz Germania superior, deren Hauptstadt das römische Mainz einst war, macht die kulturelle Vermischung der Römer mit den unterworfenen Völkern ihres Einflussgebietes deutlich. Die "Romanisierung" der nördlichen Gebiete des Imperium ist stets ein Prozess der auch von den Römern adaptierte griechisch, kleinasiatischen und ägyptischen Kulturerzeugnisse sowie Religionen beeinhaltet.

Die Ausgrabungstelle und zahlreiche Funde können dank der beherzten Intervention der Initiative Römisches Mainz heute in einer Taberna Archaeologica in einem Kellerraum unter der "Römerpassage" bewundert werden.

Nachweise

Verfasser: Dominik Kasper
Verwendete Literatur:

  • Bauer, Sybille: Die Mainzer Römerpassage als Heiliger Ort – die früheisenzeitliche Grabanlage im römischen Tempelbezirk der Isis und der Magna Mater, in: Initiative Römisches Mainz. URL: http://archive.li/bXcCs
  • Witteyer, Marion: Das Heiligtum für Isis und Mater Magna. (Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Archäologische Denkmalpflege). Mainz 2004.

Erstellt: 12.10.2008

Geändert: 09.02.2009