Mainz in Rheinhessen

Vorhang auf- Das Staatstheater in Mainz öffnet seine Pforten

0.1.Platz für ein Theater

Das Bombardement von 1793 der französischen Truppen zerstörte ganze Stadtteile von Mainz, so auch die erst 1786 errichtete Dompropstei. Die bauliche Neugestaltung führte zu zahlreichen Veränderungen der Stadttopographie. Für den nun frei gewordenen Platz am Dom sah man ein neues Theater vor. Eine festliche Zufahrtsstraße sollte zu Dom und Theater führen und ein Gutenbergdenkmal errichtet werden. Ende März 1803 bekam General Eickemayer (1751-1825)den Auftrag der französischen Besatzungsbehörde ein Gutachten zum Wiederaufbau von Mainz zu erstellen. Seine Baufantasien gingen jedoch so weit, dass sich die Kosten des Theaters auf ca.300.000 Goldmark belaufen hätten. Darüber hinaus unterbreitete er der Behörde den Vorschlag eine Theaterplanwirtschaft zu etablieren. Theater in Mainz, Koblenz, Köln und Aachen sollten abwechselnd von einer französischen Theatergruppe bespielt werden. Dieser Plan wurde allerdings nicht umgesetzt. Stattdessen wurde der Auftrag für einen Bauentwurf an den „leitenden Chefingenieur erster Klasse im kaiserlichen Ingenieurkorps des Brücken und Wegebaus“[Anm. 1] abgegeben, der im August 1806 ein „kaiserliches Theater“ nach Vorbild des Theaters in Petersburg entwarf. Am 15.März 1809 wurde zwar der Grundstein gelegt, viel weiter kam man jedoch nicht. Der französisch- österreichische Krieg machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung und der Bau wurde gestoppt.

Das Theater wird eröffnet

Die Postkarte zeigt das Mainzer Staatstheater um 1903

Durch den Wiener Frieden um 1815 wurde Mainz zur deutschen Bundesfestung. Die Bevölkerung stieg aufgrund österreichischer, preußischer und hessischer Truppen schlagartig an. 1829 wurde der Plan eines neuen Theaters wieder aufgenommen. Der Mainzer Bürgermeister Freiherr von Jungenfeld beauftrage den Darmstädter Baumeister Georg Moller (1784- 1852) einen Entwurf für ein neues Theater zu entwerfen[Anm. 2]. Der Stadtrat stellte erste Bedingungen auf, wie das Theater auszusehen habe. Das Gebäude sollte zum Beispiel drei Logen besitzen, Platz für 1500 Menschen besitzen und die Bühne „so hoch sein, daß der große Vorhang und die Dekorationen in die Höhe gezogen werden können, ohne gebrochen zu werden“[Anm. 3]. Es sollten Maskenbälle und andere Veranstaltungen stattfinden können und ein Restaurant eingerichtet werden. Georg Mollers Plan wurde am 29. Juni 1829 genehmigt. Letztendlich wurde das Bauunternehmen, wie auch der vorige Entwurf, teurer als geplant[Anm. 4]. Bereits im Oktober 1829 standen die Fundamente[Anm. 5]. Der halbrunde Bau stellte in Anlehnung an das Kolosseum den Zuschauerraum nach außen hin dar. Da das Theater kein ausreichend großes Foyer besaß um die Zuschauer in den Spielpausen zu beherbergen, wurde um 1910 ein Vorraum um das Theater gebaut. Im Vergleich zum kurfürstlichen Theater in der Reithalle wurden der Bühnenraum mit einer Breite von 22 Metern und einer Tiefe von 25 Metern sichtlich vergrößert[Anm. 6]. Da die alten Kulissen nun nicht mehr verwendet werden konnten, wurde der Maschinenbaumeister des Darmstädter Hoftheaters, Johannes Dorn, beauftragt die Kulissenarbeiten zu leiten. Rund 150 Kulissenelemente, die in verschiedensten Konstellationen zusammengestellt werden konnten, wurden gebaut. Für die Kulissenarbeiten wurde zunächst nur die aus Karlsruhe stammende und am Wiesbadener Theater arbeitende Künstlerfamilie Orth (Jakob Orth -1780-1861 und seine zwei Söhne Friedrich Orth 1801-39 und Benjamin Heinrich Orth 1803-1875) beauftragt. In diesem Zusammenhang kam es in Mainz zu einigen Streitigkeiten.

0.2.Streit um den letzten Anstrich

Der Mainzer Maler Nicolaus Müller (1770-1851) genoss bei Giuseppe Quaglio in München und Georg Fuentes in Frankfurt eine hervorragende Ausbildung zum Bühnenmaler, war Praktikant an der italienischen Oper in Paris und erhielt für die Gastspiele der Comédie francaise von Napoleon den Auftrag 16 Bühnenelemente zu entwerfen. Anstatt ihn für das Mainzer Theater zu beauftragen, zog Johannes Dorn es allerdings vor „ausländische“ Maler zum Bauprojekt hinzu zu ziehen[Anm. 7]. Der Ärger war groß und Nicolaus Müller beschwerte sich in einem Brief beim Bürgermeister Konrad Macke (1756- 1844). Er schrieb: „Der älteste Bruder Orth ist allein der Unternehmer; sein Vater, ein brauchbarer Stubenmaler, und sein jüngerer Bruder kommen hier in keine Würdigung. Er war auf der Bühne so fremd, daß er schon ein volles Jahr in Wiesbaden gemalt hatte, bevor er wußte, daß es Kabinett- Türen geben muß, damit die Schauspieler nicht durch die Wände rennen.“ [Anm. 8] Mitarbeiten durfte er an den Kulissen dennoch nicht. Stattdessen zog man aus Zeitdruck den großherzoglich- hessischen Lostheatermaler Johann Heinrich Schilbach (1798-1851) hinzu. Am 21. September 1833 wurde die „Großherzogliche Nationalbühne Mainz“ durch die beiden Direktoren Rudolph Maeder und August Wolf (*unbekannt-1941)[Anm. 9] feierlich eröffnet. Nach einer Rede vollendete die Eröffnung die dreistündige Vorstellung von W.A. Mozarts „große heroische Oper“ „Titus“[Anm. 10] und Carl Maria von Webers Jubelouvertüre [Anm. 11].

0.3.Skandal um Carl Zuckmeyers Stück „Der fröhliche Weinberg“

Die Uraufführung des Stücks löste am Berliner Theater am Schiffbauerdamm Unmut bei nationalistischen Kreisen aus. Kurze Zeit später „Der fröhliche Weinberg“ in Mainz aufgeführt. Am 10. März 1926 demonstrierten Nackenheimer Bürger mit Mistgabeln vor dem Mainzer Theater. Sie empörten sich um die derbe Darstellung ihrer Gemeinde. Ein Spruchband trug die Aufschrift: „Carlche komm nach Nackenheim, Du sollst uns hoch willkommen sein! Wir schlagen krumm und lahm dich all und sperrn Dich in de Schweinestall, denn da gehörste hi“[Anm. 12]. Trotz eines Polizeiaufgebots warfen sie Stinkbomben in den Zuschauerraum des Theaters.

0.4.Die Entwicklung des Theaters seit dem Zweiten Weltkrieg

Das Theater bekommt eine Kuppel.
Das Staatstheater während des Kuppelbaus. Im Hintergund sieht man die Bonifatiustürme.[Bild: Philipp Münch]

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Theater zu Teilen zerstört und war nicht bespielbar. Nach den Bombenangriffen um 1942 fanden die Aufführungen in der Stadthalle statt, bis diese 1945 ebenfalls zerstört wurde[Anm. 13]. Durch die französische Besatzung, die sich für Kultureinrichtungen einetzten, wurde das Theater zwischen 1949 und 1951 wieder aufgebaut. Die Wiedereröffnung fand am 24. November 1951 statt. Gefeiert wurde diese mit dem Ballett der Pariser Oper durch Serge Lifar. 1989 schloss das Land Rheinland- Pfalz und die Stadt Mainz einen Vertrag zur Gründung der Staatstheater GmbH ab und das Stadttheater Mainz erhielt seinen heutigen Namen. 1997 eröffnet das Kleine Haus, das über ca. 500 Sitzplätze verfügt. Im Vergleich dazu umfasst das Große Haus an die 1000 Plätze. Das kleine Haus und das Große Haus verbinden nicht nur zwei gläserne Brücken, sondern ist auch unterirdisch miteinander verbunden. Zwischen 1998 und 2001 wurde das Große Haus vollständig renoviert. Auf dem Dach des Großen Hauses wurde eine Glaskuppel errichtet, in der sich bis 2009 zunächst ein Restaurant und nun die dritte Spielstätte, das Deck 3 befindet. Heute ist das Staatstheater ein Mehrspartenhaus. Dies bedeutet, dass Schauspiel, Ballett, modernes Tanztheater und Musiktheater unter einem Dach vereint sind. Das Theater ist in drei Spielstätten unterteilt: Das Große Haus, das Kleine Haus und die Werkraumbühne Deck 3.

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VerfasserIn: Jasmin Gröninger

Literatur:

  • Merbach, Paul Alfred: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833-1933, Mainz 1933.
  • Walz, Günter: Die Geschichte des Theaters in Mainz. Ein Rückblick auf 200 Jahre Bühnengeschehen, Mainz am Rhein 2004.

Links:

Erstellt am: 17.10.2016

Anmerkungen:

  1. Merbach, Paul Alfred: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833-1933, Mainz 1933, S. 16. Zurück
  2. Theaterfreunde Mainz e.V.: Geschichte des Mainzer Theaters, URL: http://theaterfreunde-mainz.de/dritteseite/theater/ (Aufruf am 15.08.2016). Zurück
  3. Merbach, Paul Alfred: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833-1933, Mainz 1933, S. 17. Zurück
  4. Anstatt der veranschlagten 166.502 Gulden, kostete der Bau 200.000 Gulden. Theaterfreunde Mainz e.V.: Geschichte des Mainzer Theaters, URL: http://theaterfreunde-mainz.de/dritteseite/theater/ (Aufruf am 15.08.2016); Merbach, Paul Alfred: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833-1933, Mainz 1933, S. 17. Zurück
  5. Merbach, Paul Alfred: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833-1933, Mainz 1933, S. 19. Zurück
  6. Walz, Günter: Die Geschichte des Theaters in Mainz. Ein Rückblick auf 200 Jahre Bühnengeschehen, Mainz am Rhein 2004, S.40. Zurück
  7. Walz, Günter: Die Geschichte des Theaters in Mainz. Ein Rückblick auf 200 Jahre Bühnengeschehen, Mainz am Rhein 2004, S.40. Zurück
  8. Zit. nach: Walz, Günter: Die Geschichte des Theaters in Mainz. Ein Rückblick auf 200 Jahre Bühnengeschehen, Mainz am Rhein 2004., S.40. Zurück
  9. Merbach, Paul Alfred: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833-1933, Mainz 1933, S. 27. Zurück
  10. Walz, Günter: Die Geschichte des Theaters in Mainz. Ein Rückblick auf 200 Jahre Bühnengeschehen, Mainz am Rhein 2004., S.39. Zurück
  11. Walz, Günter: Die Geschichte des Theaters in Mainz. Ein Rückblick auf 200 Jahre Bühnengeschehen, Mainz am Rhein 2004., S.39. Zurück
  12. Theaterfreunde Mainz e.V.: Geschichte des Mainzer Theaters, URL: http://theaterfreunde-mainz.de/dritteseite/theater/ (Aufruf am 15.08.2016), Zit. nach:Zuckmeyer, Carl: Als wär’s ein Stück von mir, Frankfurt a.M. 1966, S.469. Zurück
  13. Theaterfreunde Mainz e.V.: Geschichte des Mainzer Theaters, URL: http://theaterfreunde-mainz.de/dritteseite/theater/ (Aufruf am 15.08.2016) Zurück